Ich bin dann einfach mal weg
ist NICHT!!! Weil während Schengen ja in Europa das emotionslose grenzübergreifende Reisen fördert – sozusagen niederschwellige Grenzüberschreitungen provoziert – hält zum Glück ein kleines Stückchen Welt dagegen. Klein – nun – relativ – Kasachstan ist ja gar nicht so klein – und wird – weil das kaspische Meer verlandet ja auch noch immer grösser – aber – für den IMF mussten sie sich trotzdem mit uns Schweizern zusammen tun, damit wir dort einen Sitz haben – oder war das bei der UNO oder bei Greenpeace oder haben wieder die Dänen den Finger im Spiel und das Kyoto Protokoll in der Ostsee versenkt? Egal – Fakt ist – dass das Reisen in diese Länder noch nach alter Väter Sitte per Papier erfolgt! Und zwar richtiges reines Papier ohne eingebetteten, anonymitätsverhindernden, datenschutz-bedenklichen Silikonschrott. Nebenbei – wenn ich mein Gewicht wissen will, was ich nicht wissen will, aber wenn ich es würde, dann würde ich auf die Waage steigen und nicht meinen biometrischen Pass in den Leser schieben wollen. Aber zurück – man braucht also für den Grenzübertritt in diese nahezu noch weissen Flecken auf der Erde noch einen richtigen Pass. Und das reicht noch nicht mal – man benötigt auch Visa – die sind dann schon ziemlich modern – nämlich Panini-Abziehbildlimässig reinzukleben. Aber während man die Paninis an JEDER Kasse zum Kampfpreis bekommt, ist das mit den Visa so eine Sache – also Turkmenistan zum Beispiel gibt die nur heraus, wenn man sich im Lande professionell chauffieren und führen lässt – oder wenn sonnenklar ist, dass der Reisende bloss Transit beabsichtigt, d.h. man hat nachzuweisen, dass man auch in das Land vorher und nachher reisen darf – weil sonst bleibt doch plötzlich einer in Turkmenistan hängen!
Also haben wir mit dem Iran begonnen, einem Staat zu welchem die Schweiz ja traditionell äusserst enge und freundschaftliche Beziehungen pflegt. Die Zeiten scheinen allerdings vorbei zu sein, denn wenn zwei Schweizer um Visa ersuchen, müssen sie sich eins teilen – kurzum Fisherman hat’s gekrigt der DrD (Abkürzung für Dr. Daktari – eine Referenzbezeugung der Wikinger nach durchstandener Dormunder-Nachtübung) nicht. Ohne Begründung. Nicht ohne Worte, denn ausgetauscht mit der Botschaft in Bern hat man sich schon – konnten aber nichts sagen. Also mussten die Experten ran – dh. flugs einen in Teheran domilizierten Visadienst beauftragt – über Umwege (man beachte, dass gegen den Iran diverse Embargos bestehen) bezahlt und final hatte dann auch DrD das zur Einreise in den Iran notwendige Kleberli im Pass.
Dies war allerdings nur ein fader Vorgeschmack auf all die Administrativitäten die noch kommen sollten, die hunderten von harten Schweizer Franken für Kuriere, Pro Forma Einladungen, Vouchers, etc. Aber ca. 1 Woche vor Starttermin hatten wir doch tatsächlich auch unser letztes zwingendes (man beachte die Tücken der Reiseroute – einmal in Turkmenistan eingereist gibt es mangels mehrfacher Eintrittsberechtigungen nur noch den Weg nach vorne, d.h. oben!) Visa im Pass – und so sind wir nun – nach Jahren der Planung und Vorbereitung on the road – besser noch – on the Silk Road!!! Motor on.
Bye bye Zürich
Das geht dann erstaunlich einfach: Ein letztes Foto – eingestiegen – den Zündschlüssel reingesteckt (das wiederum ist nicht so einfach, da Saab – Preisfrage – wo ist denn hier das Zündschloss?) und abgefahren.
Davor allerdings war’s weniger einfach, packen und Abschiednehmen sind definitiv nicht die favorisierten Reisevorbereitungstätigkeiten – aber halt unumgänglich wenn man dem Blues der Strasse folgen will. Und immerhin lockt ja nicht irgendeine Strasse, sondern die Seidenstrasse. Wohl die älteste Kulturaustauschroute der Welt über welche die Nudeln nach Europa und Satellitenfernsehen nach China gelangte oder so. Verschlungene Wege durch Orte in welchen die Dächer noch echt goldig schimmern – allerdings verborgen hinter einer Anfahrt durch Europas letzte Hardcore Industriegebiete, rauchig mattierte Schlote, düstere Plattenbauten als Zeugen der staatlich verordneten Landflucht – Alma Aty wir kommen!
Abfahrt in Zürich – standesgemäss aus dem edlen Bankenviertel – von Nomen est kurze Zeit ein Omen – der Gotthardstrasse – Kilometerstand 236’977 um 15:35. Optimales durchcruisen der Schweiz an allen Feierabendenverkehren und so vorbei.
Auftanken klassisch in Coldrerio – Benzin und Fritten – denn die Ankunft an der Adria wurde erst per 22:05 errechnet und wie lange da die italienischen Köche noch Feuer verspüren weiss man nie – in der Schweiz wär der Ofen ja sowieso schon längst aus.
Immerhin aber sind wir dieses Mal ausgerüstet: Letztes Mal nach Afrika sind wir ja erwartungsfroh Richtung Lyon gestartet, um dort zu speisen wie Gott in Frankreich oder umgekehrt. Mussten dann aber erkennen, dass die Lyoner alle Hotels versteckt hatten und das einzige das wir fanden tout complet war – also weiter – im etap eingecheckt und anschliessend die Nasen an der Automatenshopwand im Parterre plattgedrückt – min. 10m breit, 2m hoch – lauter Leckereien wie Pizza, Lasagne, Ravioli, Geschnetzeltes zum mikrowellieren – selbiger stand auch schon erwartungsfroh bereit. Alleine der Kalorienbezug scheiterte an der Tatsache dass die beiden Reise-Bänkler zwar Tausende von Euronen Bargeld dabei hatten (für all die afrikanischen Staaten ohne Banksystem) – aber leider nicht genügend Münz für den Automat. Damals war das Menü der ersten Nacht ein Sixpack Müllerbräu gestreckt mit 10 Farmer Heidelbeermüsliriegeln. Dies würde uns jetzt nicht mehr passieren! Egal wann wir in Triest ankommen werden, unser Kofferraum ist mit Fressalien gefüllt und Münz haben wir auch dabei. Aber dank einer äusserst effizienten Fahrweise schaut’s gar nicht so schlecht aus! Motor on.
Buena Sera Triest!
und schwupp – schon sind wir in Triest. Zwar ist’s stockfinster, vermutlich weil die Italiener zuwenig Solarstrom produzieren um eine anständige Strassenbeleuchtung zu befeuern – aber wir sind da – fast jedenfalls. Das Hotel liegt nämlich in Duino – Du-who? Also ein Kaff, das nicht mal jeder Internetroutenplaner kennt – aber unser Navi schon – glaubt’s jedenfalls. Sowieso ein selbstbewusstes Teil – welches uns leider mangels Kenntnisse der neuen Venedigumfahrungsautobahn verzweifelt zur Rückkehr in die Schweiz veranlassen wollte – aber immerhin sind wir ja auf Rally und wenn schon nicht real über Stock und Stein, dann sind wir halt auf dem Navi über Stock und Stein gefahren. Und tatsächlich ca. 22:00 in Duino angekommen – also eigentlich daran vorbeigefahren – bewusst – also genau das Ausfahrtsschild “Duino” gepeilt und trotzdem nicht raus – weil unser Navi wusste es ja besser. Irgendwann sind wir dann aber trotzdem von der Bahn abgekommen und dem Navi in ein Dorf gefolgt – wobei eben Duino ist nicht nur Duino sondern auch Duino-Aurisina und da fing dann wohl das Problem an – weil das Navi kannte zwar die Strasse nicht, aber die Hausnummer und die fuhren wir auch an. War ziemlich eng – romantisch – aber leider nicht das Hotel – denn das lag nicht an der Frazione Aurisina sondern an der Frazione Duino – die zwar Rilke gekannt hätte, der hier was geschrieben hat
aber die leider das Navi nicht kennen wollte. Guter Rat ist da teuer und Karten aus ökologischen Gründen erst ab dem Iran an Bord. Aber wie letztes Mal erinnerten wir uns an unsere überlegenen räumlichen Orientierungsfähigkeiten und fuhren nach Gedächtnis zum Hotel. Klappte gar nicht schlecht. Wagen unten einparkiert – Karsumpel oben im Zimmer eingeparkt und dann ab ans Meer – denn deswegen wollte Michael ja unbedingt das in Österreich lockende Wiener Schnitzel opfern. War dann auch ganz nett im Hafen unten und dank der intensiven Reisevorbereitungen hatten wir auch das probate Gegenmittel gegen die lästigen Mücken
– falls es dort welche hatte. Motor off – sozusagen – Motor on next day.
Sind Dänen Winkinger?
Das wissen wir nicht. Aber hart im Nehmen sind sie schon. Also eigentlich sind unsere Dänen ja Ersatz-Engländer – weil nach den in der Wüste verschollenen Österreichern (anno 2006 in Mauretanien vor Nouakchott) wollten wir ja dieses mal mit dem Inselvolk reisen – grundsätzlich einfach darum weil’s in der Schweiz glaub’s zuwenig Freifahrer gibt und wir uns ja nur zögerlich mit den nördlichen Nachbarn fraternisieren wollen (die Hommage von www.krautmobil.com ist ein äusserst ehrenwerter Anfang) traten wir in Kontakt mit Übersee. Allerdings – Neuseeland ist schon ziemlich weit weg und so verlor sich der Kontakt zu einem rally-begeisterten Südhalbkugler dann relativ schnell, als es konkreter wurde – also so ca. vor 1.5 Jahren. Zum Glück aber gibt’s auch Ersatzinsulaner und nachdem die Engländer einen sehr impressiven Leistungsausweis als Gebrauchtwagenschieber haben (www.plymouth-banjul.co.uk oder so) dachten wir uns – let’s try. Immerhin haben die Teeköpfe ja eigentlich als Touristen ein durchaus ähnliches Profil wie unsere nördlichen Nachbarn – sozusagen die ideale Ergänzung zu uns wertkonservativen, in allen 4 Dimensionen immer neutralen Schweizern. Aber leider wollten uns auch diese Insulaner nicht begleiten und verschoben sogar die London-Tashkent Rally auf den Juli. Immerhin aber waren sie so nett (THX to Major Bunker & Mission Uncontrol) uns einige Dänen als Ersatz-Engländer-Österreicher-whatever zu vermitteln. Und mit denen traten wir dann – erneut – in konkrete Planungsgespräche.
Gewitzt durch all die Rückzüge beschlossen wir, die Dänen erstmal zu testen – immerhin ist man ja schon etwas zusammen unterwegs, wenn man nach Ulan Bator fahren will. Also haben wir per Google Maps die Mitte zwischen Zürich und Aarhus gesucht und das Ibis in Dortmund für ein Kelten-Wikinger Freundschaftstreffen angemietet. Dort traf man sich auch – die Schweizer Uhrwerkspünktlich etwas früher, die Dänen etwas später – wegen mechanischen Problemen – also am Getriebe des Zubringerzugs – wobei auch an ihrem Import-Langschiff vernähmen sie seltsame Töne. Egal – nach einer kurzen Vorstellungsrunde und einer noch kürzeren Planungssession mit der Zentralasienkarte testeten wir deren Orientierungsfähigkeiten in unbekanntem Gelände und stürmten das Dortmunder Nachtleben. Und weil die sogar einen echten Soldaten mit Afghanistan-Erfahrung aufgetrieben haben, wurde die Übungsanlage durch das abbrennen von Rauchpetarden erschwert. Nachdem Sie auch bei der Nahrungssuche mit Bravour bestanden und wir kurz nach Mitternacht Hamburger-gestärkt zurück zum Hotel aufbrachen, war klar – mit denen Dänen könnte es klappen!
Daran konnte auch nichts ändern, dass die Dänen am nächsten Tag erst um 15:00 aufbrachen, auf Hoher See einen Radbruch erlitten. Die Tatsache, dass sie die Touringclubs zweier Länder motivieren konnten, sie hunderte von Kilometern nach Hause zu schleppen beweist eindeutig, aus welchem Holz diese Dänen geschnitzt sind – für uns würden sie als Winkinger durchgehen. Motor on.
Langschiffe
Die Fortbewegungsmittel der Menschheit haben uns ja schon immer bewegt (ist der Satz jetzt ein tautodaktyl oder wiehert der weisse Erasmus – egal) also die einen haben’s eher in den Beinen – wir mehr in den Füssen – genau genommen im Rechten – vorwärts – also vorausgesetzt, man hat den richtigen Schlitten unterm Fü… – und ja – das mit dem Schlitten ist ja auch so eine Geschichte: Also eigentlich wären wir eher Krautmobil-Vertreter oder familienseitig den Reiskochern angetan – mit dem Landcruiser hätten die sogar ein tiptoppes Modell in der Palette. Aber weil wir ja nicht alleine fahren und die Kollegen – dazu später – Bewunderer der aus der wikingischen Reisetradition (dazu nur ein Wort: Langschiffe!) abgeleiteten SAAB sind, blieben wir flexibel. Ein erster ins Aug gefasster und mit Sohn testgefahrener 9000er war zwar schön grün und auch noch ab MFK – atte abberr kleines Problem – also eigentlisch nischt Problem – weil Wagen kenn ich sährr guttt – habe ich schon zum zweiten Mal von Kunden ssurückgegggauft – suuuupppperr Auto – nur klitzekleines Probläm – erschte Gangg geht nicht rein – nur kleines Probläm hab gedacht Kupplung aber ischt nischt – vermutlich nur kleine Schraube… Eine denkwürdige Probefahrt ohne ersten und zweiten Gang – wie in alten Zeiten in der Formel 1 als die Getriebe noch während der Fahrt Verschleissteile waren. Aber – wir sind ja bekanntlich Bänkler und keine Mechs – also nein danke und weitergesucht! Die nächste Karre sprang an, lief, aber wurde, als wir von unseren Plänen berichteten für untauglich erklärt – das sei kein Saab sondern ein Opel – seit 1994 steht zwar Saab drauf, aber es sei Opel drin und der passe nicht in die Mongolei. Ob soviel Ehrlichkeit gerührt, erkoren wir den Verkäufer zu unserem Vertrauensgaragisten und vergaben einen Suchauftrag nach einem echten Saab. Und tatsächlich etwas später konnten wir dieses Bijoux nordländischen Design abholen! Die Windschutzscheibe elegant gewölbt wie ein Schiffsbug, die Lenkung butterzart wie die Pinne einer Jolle und die Federung verleiht schnöder Landstrasse das Gefühl sanft dahinwiegelnder Wellen. Und so waren wir bereit zum Start für The Long Way Rounder – eine Hommage an Gregor McEwan und Charly Borman, welche dann einfach mal weg waren um per Motorrad von England nach New York zu reisen – allerdings halt eben tendenziell auf dem Landweg – vermutlich weil deren Motorräder schlecht schwimmen konnten. Unser Saab kann’s den Wikingern zum Trotz ebenfalls nicht und so tun wir dasselbe – wir fahren jetzt mal rundherum – nicht ganz zwar – aber dafür ründer.
The Long Way Rounder
Eigentlich sind wir ja schon seit zwei Jahren an dieser Reise dran – aber dann mussten Häuser umgebaut, Kinder geboren werden und so verzögerte sich die Abfahrt halt immer wieder. Aber dann war es soweit – im Mai 2010 wären wir am Start gewesen – wenn denn ein Start stattgefunden hätte! Nur leider beschlossen die englischen Rally-Organisatoren genau dieses Jahr ausnahmsweise nicht im Mai zu starten sondern im Juli und Juli ging nicht. Also die Guerilla-Variante durchgezogen und per www.pamirchallenge.com nach Persönlichkeiten mit Benzin im Blut gesucht und gefunden – aber nur solange bis der Job rief, dann waren sie leider wieder weg. Und das sind wir nun auch. Seit gestern. Auf dem Weg. Rundherum statt einfach gerade durch – denn die Mongolei ist einfach traumhaft – nämlich traumhaft schwierig mit Fahrzeug zu erfahren – aber noch viel schwieriger ohne Fahrzeug zu verlassen. Konkret 6000USD schwierig, so viel kosten nämlich die Zollgebühren für einen Schweizer MFK-geprüften, abgasgetesteten Youngtimer Saab 900i! Die Verhandlungen laufen zwar noch – aber die Karten für den Plan B – eben The Long Way Rounder sind an Bord: D.h. wir fahren bis fast in die Mongolei und danach halt einfach zurück. Hat viele Vorteile – z.B. man hat die Rallykarre für die nächste Herausforderung gleich schon parat – wenn man durchkommt natürlich.
Tja und so sitzen wir nun im Auto und fahren Memphis – konkret gerade Belgrad – dann Sofia – Motor on!
All packed!
Die Spannung steigt – bald geht’s los!
Gentlemen prepare your engines…
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