Pamirchallenge

Dr. Daktari und Michael unterwegs in den fernen Osten

Flower

Archive for September, 2010

Tempi Passati – 29. Tag

Tempi passati – nein das hat nichts mit italienischem Fruchteis oder einer speziellen Pastaversion zu tun. Auch nicht mit einer archäologischen Ausgrabungsstätte in Griechenland. Und wir suggerieren auch keine Anspielungen auf die allenfalls uns unterstellten und vermuteten Geschwindigkeitsexzesse – welche – ehrlich – nicht stattgefunden haben. Ausser – kurz – heute – auf einem Stück unlimitierter deutscher Autobahnfreiheit – the Sky is the Limit – nein besser nicht – sondern ganz profan der Motor war das Limit, bei 184Kmh – wobei – mit weiteren 10Km Anlauf hätten wir vielleicht an der 190er Marke gekratzt – hat aber nichts mit tempi passati zu tun – obwohl auch dies tempi passati ist – aber wir wollen nicht vorgreifen – oder nachgreifen? Wie auch immer.

Alles hat ein Ende – so auch der Genuss unseres luxuriösen – tennishallengrossen Hotelzimmers inmitten Wiens. Und auch mit dem Frühstück kamen wir schnell zu einem Ende – denn irgendwie zog es uns schon heimwärts. Magnetisch sozusagen – also nicht physisch sondern emotional.

Und so cruisten wir bei herrlichem Herbstwetter los – navigesteuert raus aus der Donaumetropole.

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Weg aus einem Stück Europa, welches viel erlebt hat und welches vor 20 Jahren ganz anders ausschaute – damals im Februar 1989 als sich die Reiselust erstmals intensiv zu regen begann und ich mit einem Studienkollegen das Snowboard packte, um hinter dem damals noch eisernen Vorhang boarden zu gehen. Another break through the wall hiess das Projekt. Studentenmässig unbeschwert reisten wir per Nachtzug nach Wien und riefen dann eine Nummer in Bratislava an – Codename Studentenskiseminar – alles klar – wir würden abgeholt. Drei Stunden dauerte die Fahrt damals – maschinenpistolenbewacht – durchsucht – abgesichert. Tempi passati. Man wird älter – Wien auch – aber Wien ist schöner geworden

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– und wir? Ein Bart mit weissen Flecken

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– irgendwie inkonsequent – wird also wegkommen. Aber wir greifen vor.

Fahrtechnisch gibt es ja nicht viel zu berichten – zum Glück! Keine Achsbrüche – keine unberuhigenden Geräusche – vielmehr (manchmal) das leise Rattern der Antriebswelle (deuten wir mal so – sind aber immer noch keine Saabexperten) – das leise Schlagen des Auspuffs gegen die Karosserie bei starken Bodenwellen – hallo – ich bin noch dran – beruhigend. Vorbei am europäischen Baikonur oder so ähnlich

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Und irgendwo auf einem Rastplatz in Deutschland vertanken wir dann unsere Reserve von 20 Litern 98 Oktansprit

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– 16’000 Kilometer rumgekarrt  – unsere eiserne Ration gegen den befürchteten schlechten Sprit – mit dem uns glücklicherweise niemand abgefüllt hat.

Reisen quer durch Österreich – also nicht ganz – mäandrieren vielmehr zwischen Österreich und Deutschland – ganz schön clever: Die Österreicher, über die wir Schweizer ja gerne Witze machen haben es doch tatsächlich geschafft, die schnellste Transversale durch’s Land teilweise outzusourcen – ganz schon gewitzt!

Und damit beginnen die letzten Stopps unserer Mission: Zuerst in Österreich, nahe an der Schweizer Grenze: Wir müssen – nach fast fünf Jahren Gewissheit haben. Gibt es unseren Helden von Afrika, d.h. von Plymouth-Banjul 2006, Fritz den Fahrerfotograf oder Fotografenfahrer noch? Wir sind nervös – drei lange Wochen sind wir damals mit den beiden Österreicher-Teams quer durch etwas Afrika gefahren – von Marokko runter nach Gambia – damals im VW Scirocco – ein Wüstenwind – kommt aus der Wüste – geht in die Wüste – um ein Haar, hätten uns unsere Österreichischen Helden nicht die verbogene Hinterradaufhängung wieder gerade gebogen. Tempi passati – aber Fritz den Fahrerfotografen – den wollen wir endlich mal wiedersehen! Und tatsächlich – er ist da – und erkennt uns trotz unserer Ganoventarnung mit Bart und Spiegel-*****-Sonnenbrille (Joni – du weisst – die Brillen gehen auf dich – Respekt vor soviel Style) sofort. Hallo!

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Und dann geniessen wir den seit Jahren andiskutierten Kaffee und freuen uns, dass es immer noch allen Rallyisten von damals gut geht. Schwelgen in – richtig – tempi passati. Und weiter – motor on.

Zur Zollabfertigung Lustenau – das Carnet de Passage stempeln – Auto schön wieder in die Schweiz einführen – damit wir die Kaution zurückkriegen. Führt leider dazu, dass der Güterverkehr zwischen der Schweiz und Österreich kurzfristig zum Erliegen kommt – die Fernfahrer sich missmutig stauen – zu Fuss, also völlig widernatürlich – aber wer weiss heute denn noch, wo dieses antiquierte Carnet zu stempeln ist?

Motor on – auf in die Heimat – ach wie schön ist es, wieder auf eigenen Strassen unterwegs zu sein, zu wissen, dass jeder Meter dieser samtweichen Asphaltbänder auch von uns bezahlt wurde – und wie herrlich ist das Gefühl, über diese weltweit einzigartig sanften Dilationsfugen (sorry falls dies allzu diletantisch skribiert ist) zu gleiten – weiter – motor on –

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zum letzten Stopp – vor der Ankunft – Tankstopp!

Und danach motor on – St. Gallen Zürich – eine Strecke, die wir beide wohl schon hunderte Male gefahren sind – als Exilstudenten an dieser wunderbaren Bildungsinstitution dort oben am Sonnenberg. Tempi passati.

Ja und bald ist auch unsere Reise – tempi passati. Blosse Erinnerungen noch an die Hölle hinter Aralsk, an das Teetrinken in Dog Biscuit, an all die Klappergeräusche, an die zahllosen Menschen, auf deren Hilfe wir angewiesen waren, an … tempi passati.

Es verbleibt ein immenser Fundus an Expeditionsergebnissen, digitalen Ausgrabungsresultaten, Fotos und Videos – Gigabytes an Datenmaterial, welche bei dieser Mission zusammengetragen wurden. Forschungsergebnisse in einer zwar besiedelten, aber immer noch wilden Gegend dieser Erde. Die Nachbearbeitung wird Jahre dauern – all die Auswertungen der GPS-Tracks – die wissenschaftlich korrekte Einsortierung der Fotos – eine Sysiphusarbeit – aber wir wollen nicht vorgreifen. Denn erst einmal gilt das hier und jetzt! Wir sind zurück in der Schweiz! Wohlbehalten! Glücklich! Dankbar! Nach 15’587 Kilometern wieder

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zu Hause, resp. an dem Punkt, an welchem unsere ründere Rundreise vor 29 Tagen begann!

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Motor …

Car-Wellness – 28. Tag

Car-Wellness hat nichts mit den Holzkugelimatten in südfranzösischen Gefährten, katzenfellummantelten Lenkrädern, hadfesten Services auf osteuropäischen Überlandstrassen oder den Massagesitzen im neuesten Lexus zu tun, sondern schlicht mit unserem heutigen Tagesziel: Unseren treuen Saab wieder auf Vordermann zu bringen.

OK – der Sound des irgendwo gebrochenen / durchlöcherten Auspuffs war cool – damit konnten wir alles wegblasen – und es gelang uns sogar, dass wir bei 130Kmh und offenen Fenstern trotzdem keine Windgeräusche sondern nur noch Motorensound vom Feinsten hörten. Erfrischend. Vor allem das Husten bei abrupter Gaswegnahme hatte es mir angetan – aber auch das respekterheischende Bellen vor dem Rotlicht -  irgendwie halt etwas Testosteronhaltig – Benzin im Blut oder so ähnlich. Aber leider wenig kompatibel mit der Schweizerischen StVO. Also reparieren lassen. Aber wo?

So genossen wir im roadside Trucker-Motel erst einmal ein richtiges Trucker-Frühstück – also zur Hälfte jedenfalls d.h. einmal ein Topf Gulasch und einmal Rührei – you choose! So gestärkt machten wir uns auf die Suche nach einer guten Garage und wurden sofort durch Dutzende von Wegweisern verwirrt. Wenn’s zuviele Optionen gibt, muss man Selektionskriterien schaffen – ganz einfach – da kein Wegweiser zu Saab führte, wählten wir einfach den ersten Wegweiser zu einer anderen Automarke, die auch mit S beginnt – Skoda. Fünf Kilometer später die Ernüchterung – Problem verstanden – aber – hhmmm nein Ersatzteile hätte er keine und nein – dies könne er leider nicht flicken – einmal noch am Wagen gerüttelt – ja steht ja noch – fährt schon noch. Aber – der gute Mann wusste immerhin, wo es die nächste Saab Garage gäbe – ca. 30 Km weiter in der nächsten Stadt. Nichts wie hin.

Vor der Garage “Servis” eingeparkt und noch bevor wir das Auto verlassen hatten – kam auch schon der Servicechef rausgestürmt – und konnte Englisch! Paradiesisch! Nach ca. fünf erfolglosen Reparaturversuchen waren wir also nicht nur bei einer Garage angelangt, die vertragshalber nicht nein sagen konnte – nein – die wollte auch nicht nein sagen und die wurde auch von einem äusserst hilfsbereiten Servicechef geführt. Hervorragend geführt! So bekamen wir nach der Schadensbesichtigung erst mal einen Kaffee serviert. Machen wir zu Hause und beim Schaffen ja auch immer so – erstmal einen Kaffe trinken. Dann wurde der Reparaturauftrag ausgefertigt inkl. Aufnahme in die Kundenkartei und danach der nigelnagelneue Saab 9-5 besichtigt – ein cooler Ami-Style-Bolzen (unsere Meinung – wollen hier niemandem zu Nahe treten – sind ja eigentlich Saab-Novizen und wissen nur, dass es seit 1994 sowieso keine richtigen Saabs mehr gibt).

Und dann durften wir oben in der Lounge bei Gratis-Internet auf die Fertigstellung der Reparatur warten. Also mal wieder Blog auf Vordermann gebracht – Emails geklärt – News-mässig vorsichtig an den Alltag in der Schweiz herangetastet. Dann mal in der Werkstatt vorbeigeschaut – sensationell! Die Halle sauberer als die meisten Hotels in Kasachstan, schöner gekachelt als die Mehrheit aller von uns frequentierten Hotelbadezimmer – hyggeligt!

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Und unserem Saab tat es sichtlich gut, was da mit ihm gemacht wurde. Der Stossdämpfer erhielt neue Gummibefestigungspuffer und die Auspuffanlage wurde fachmännisch gerichtet – verrostete Teile ersetzt und ausgetauscht und der durchlöcherte Krümmer neu geschweisst. Vorher nämlich war Durchzug…

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Und zum Abschluss gab’s noch eine schnelle Aussenreinigung inkl. Shampoobad. Danach dann ab zum Fototermin mit der anderen Rennkatze – rroaarrrhhh. Ja – zwei richtig böse Autos – und der Saab 9-5 Itsy-Bitsy-Pimpy-my-Ridy wird (vielleicht etwas höhergelegt) in 20 Jahren dann auch bestens für solche Rallies geeignet sein, wie sie unser Langschiff jetzt schon hinter sich hat!

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Blieb noch das Bezahlen – da waren wir auf alles gefasst – immerhin hatten die Mechaniker sicherlich zwei bis drei Stunden am Wagen gearbeitet. Hätten auch fast alles bezahlt – ohne Feilscherei mit Zigarren und so – faire Arbeit soll fair entlöhnt werden. Und die Rechnung blieb auch sehr fair – konnten wir sogar noch ohne Limitenerhöhung auf unserer Kreditkarte bezahlen. Und v.a. war das Preis-Leistungsverhältnis unschlagbar – saubere Arbeit – kompetent ausgeführt und nicht einmal so viel teurer als eine Notreparatur in kasachischer Steppe (und dort gab’s weder WiFi noch Kaffee!).

An dieser Stelle jedenfalls nochmals ein ganz herzliches Dankeschön an die ganze Werkstattcrewvon Nyiregyhaza – der Name ist Programm – die machen alles wie nieuw, new ähh neu – Car-Wellness vom feinsten und ein Service, von dem wir nie zu träumen gewagt hätten – fantastisch – danke vielmals! Und da wir kein Trinkgeld hinterlassen durften (! – und auch keine Prräässentts) bekräftigen wir das Versprechen, dass wir in der Schweiz – anstelle des Trinkgelds – die Naturalform spendieren werden – oder was zu essen!

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Ebenfalls von der WiFi Lounge hatten wir in Wien das Hotel reserviert – die Route verifiziert – die moderne Welt hat uns wieder – einfach auf’s Geratewohl sich durch die Gräten einer Stadt durchquälen – konstant zwischen Banken und Industrieviertel herumirrend ohne je die Hotelmeile zu treffen: Tempi passati (dachten wir aber fünftens kommt vor sechstens) – gebucht – bestätigt und in Navi eingegeben – Ankunft 18:36 – Wien wir kommen. Motor on! Motor on! On! On please! Motor on!?? Ohh – ist ja schon on – sind wir uns halt gar nicht mehr gewöhnt, ein Motor der schnurrt anstatt zu bellen! Auch nicht, dass man 450 Km Distanz in ca. vier Stunden zurücklegen kann – rumpelfrei!

Auch ungewohnt- nach Trucker-Frühstück gab’s auch noch Mittagessen – all you can eat an einem ungarischen Autobahnbüffet – sehr lecker – aber eindeutig zuviel für unser Magerkost gewohnten Mägen – und die würden ja noch ein Schnitzel vertragen müssen, denn weshalb sonst sollte man nach Wien fahren? Sacher-Torte?! Wohl eher etwas für die weiblichen Wien-Besucher!

Noch ungewohnter – die sanfte, Frauenstimmengeleitete direkte Anfahrt zum Hotel – wobei – Industriegebiete durchquerten wir auch hier (aha) – aber  für all die Ostruinenverwalter – hier ein guter Trick: Hell beleuchtet schauen solche Anlagen schnell einmal mehr nach moderner Architektur, Kunst am Bau und viel weniger nach Schwerindustriealtlast aus!

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Der Rest in Wien war dann Receptionsgeleitet – d.h. kompetent, charmant mit bestem Schmarrn oder Kaiser oder so erklärt – ab ins Wienerschnitzelparadies, danach in den ersten Stock und dann noch etwas weiter – hier ist ja einiges los – und loses muss man fest machen, sonst klappperts. Und damit wir morgen nicht klappern hiess es dann zeitig – also einigermassen – Motor off – denn nun folgen ja noch die schwierigsten Etappen – nämlich die nach Hause! Motor on!

Nur noch weg – 27. Tag

Nach einem leckeren Abendessen – geräucherte Schweinsöhrchen an Knoblauchsauce und Shrimps in einer Biermarinade sautiert – waren wir halbwegs gestärkt für diesen entscheidenden Tag! Würde es uns gelingen die restlichen 800 Kilometer “abzureissen” und die Grenzverhandlungen unter Wahrung der Contenance zu überstehen? Oder würden unsere Nerven reissen und wir per Flieger retour spediert werden? Hält der Schwedenstahl was er verspricht – oder wird er mangels Gummi weich und geht in die Knie (wusste ja schon Polo: “im Minimum en Gommi drom”)?

Also auf zur Botschaft – durch den morgendlichen Stossverkehr – gemeistert – und belohnt mit einem Stück Heimat! Und einem äusserst freundlichen und hilfsbereiten Konsularchef, welcher unsere Daten aufnimmt. Falls es Probleme gäbe, wäre die Schweiz bereit  und der Ueli könnte flugs zur Generalmobilmachung schreiten – denn ihr Schweizer – wollt ihr euch so ein Debakel wie in einer akfrikanischen Gurken-Tyrannei – mitten vor den Toren Europas nochmals bieten lassen? Sicher nicht! Wir auch nicht – und so werden wir es natürlich erst mit Charme versuchen.

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Und mit Fahren. Wobei wir aber wegen der widrigen Umstände dieses Land einfach boykottieren und auf Bilder verzichtet haben. Begnügt euch damit: Es gibt sie, die Ukraine. Und sie ist landschaftlich schön. Man kann sie auch bereisen – im Osten mühselig über Schlaglochpisten und ab der Grenze zur Provinz West-Ukraine komfortabel auf perfekten Strassen – voll europakompatibel – und eine Wohltat für uns und unser Auto.

Zerrissen das Land also. Zwischen West und Ost. Zwischen Europa und Russland. Oder auch zwischen den Kirchen – im Zweifelsfall halt zwei. 

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Modern im Westen, noch etwas zurückgeblieben im Osten (Achtung – nicht wertend zu verstehen – sondern rein deskriptiv) – Aufbruch zur Euro hier

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– nachtrauern an alte Sowjetzeiten dort

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und auch wir trauern. Um das Kulturspektakel in Lemberg und dem Genuss eines richtigen Restaurant-Nachtessens – denn wir müssen ja weiter. Verdammt zur Ausreise bis Mitternacht – oder es droht unser persönlicher kalte Krieg – im Niemandsland – gegen die Beamtenwillkür. Immerhin – wir haben noch eine Dose Ravioli – kalt – ein Genuss!

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Und wir schaffen es! Nicht zuletzt auch – man muss auch mal loben – dank der äusserst guten Beschilderung – man glaubt es kaum – der Grenzübergang Cop ist seit Kiew angeschrieben – danke!

Wir stehen also an der Grenze an. Geordnet. Mit Laufzettel. Und rücken der Kontrolle Wagen um Wagen, Viertelstunde um Viertelstunde, näher. Und es läuft alles glatt. Höflich. Korrekt. Gross angeschlagen auch überall die Hotline-Nummer von Kiew für Probleme beim Grenzübertritt – hätten wir letztmals gebraucht – hier ist dies nicht nötig.

Danach wieder warten. Auf einer Grenzbrücke, die bei jedem durchfahrenden LKW schaukelt – uns aber nicht in den Schlaf – denn draussen sind wir ja – aber noch nicht drinnen – und glaubt es uns – ohne hier ein politisches Statement abzugeben – aber so froh waren wir noch nie, als wir dann endlich in der EU drin waren.

Und nach ca. 20 Kilometern ein Motel fanden – eincheckten – und zur Feier des Tages – nach 16 Stunden Fahrzeit (eigentlich aber weil das Restaurant geschlossen war und es kalt war) nochmals in den Saab sassen und eine Zigarre rauchten. Motor off. Wird jetzt alles gut? Motor on!

Einfach mittendurch – 26. Tag

Wir müssen vom Vortag nachtragen – nicht nur das Ende ist dünn geworden – auch unsere Nerven sind dünner! Dass die xy-stan Staaten problematisch sein würden wussten wir ja. Hat man sich darauf eingestellt. Und trotzdem jede Menge Überraschungen erlebt, die wir nie erwartet hätten – wie z.B. die Offroaderei in Kasachstan. Haben wir alles durchgestanden – aber jetzt vor den Toren Europas nochmals derart herausgefordert zu werden – das traf uns unerwartet. Statt einem gemütlich Gentleman-mässigen durchcruisen des Landes der nächsten Fussballeuropameisterschaft und der Besichtigung der wichtigsten Kulturstätten nur noch ein durchhetzen – 1700 Kilometer – teilweise übelster Schlaglochpisten in zwei Tagen – das haben wir nicht verdient. Aber damit nicht genug! Denn noch etwas war dünn geworden – nämlich der obere Gummidämpfer bei der Befestigung des vorderen linken Stossdämpfers unseres treuen Saabs. Wussten wir aber noch nicht so genau – nur dass es mal wieder komisch klang – aber wir wollen nicht vorgreifen!

Der Tag war gekennzeichnet von den Grenzproblemen – kaum aufgestanden ersuchten wir mittels unserer treuen Support-Crew in der Schweiz (herzlichen Dank Andrea) wir um konsularische Hilfe und um Klärung unserer Aufenthaltsgenehmigung. Und kriegten es bestätigt – ja – unser Grenzübertritt war wirklich speziell. Das Problem ist nur, dass wir hier ukrainischem Recht unterstehen und dass die Grenzbeamten für höchstmögliche Kreativität gegenüber Autofahrern bekannt seien…

Die Ukraine zeigte uns also wirklich ihre ablehnende Seite. Russende Schlote veralteter Fabriken statt architektonische Leckerbissen vergangener Prunkzeiten (die Habsburger lassen grüssen – als Rudolf fühlt man sich da verpflichtet)

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Und umweltverpestende Felderbrände – welche die Atmung erschweren, den Blick in die Weite einschränken und auch das Auto unansehnlich verstauben – übelst

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einziges Highlight des Tages – unser Saab knackte – wenn auch angeschlagen – die Viertelmillion-Grenze

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schön – und danke liebe Schweden, Dänen und Finnen dass ihr in gemeinsamer Arbeit (unser Modell wurde nämlich in Turku montiert) einen so zuverlässigen Strassenkreuzer – ein echtes Wikinger-Langschiff eben erschaffen habt. 

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Aber eben – man soll ja den Tag nicht vor dem Abend loben und auch kein Land vor der Ausreise preisen und auch Lobhudeleien auf ein Fahrzeug, welches noch fahren muss – sind gefährlich. Das dünne Ende nämlich – oder weil ein Unglück selten allein kommt, vermeldete auch unser Saab mal wieder Beschwerden – über Bodenwellen gelangen unschöne Metalltöne an unser Ohr. Kurzer Check und – ja klar – vorne links ist der obere Befestigungsgummidämpfer des Stossdämpfer zerbröselt. So ist der linke Stossdämpfer damit nicht mehr auf Zug angezogen, d.h. fällt durch auf die den vormals den Gummi haltenden Mutter. Wäre eigentlich nicht schlimm – zwei Schrauben sind zu lösen – ein neuer Gummidämpfer – d.h. einfach eine Gummischeibe von ca. 4cm Durchmesser, 2cm dick mit einem Loch in der Mitte ist zu montieren und die Schrauben sind wieder anzuziehen. Könnten wir vermutlich auch selbst – wenn wir die Werkzeuge hätten.

Und so enthüllt diese Reise ein weiteres Märchen – nämlich dasjenige der begabten ukrainischen Mechaniker: Beim Ersten warteten wir 45 Minuten auf eine Reaktion – das Problem schien er begriffen zu haben, danach ging nichts mehr, bis wir die Geduld verloren (zur Erinnerung – dank der extremen Gastfreundschaft der ukrainischen Zöllner dürfen wir ja die ca. 1700 Km quer durch die Ukraine in nur zwei Tagen absolvieren. ). Beim Zweiten dauerte es ca. eine Minute bis er das Problem verstanden hatte und nochmals zehn Sekunden bis er abwinkte – immerhin nicht völlig falsch. Und der Dritte nahm dann die grossen Werkzeugschlüssel und versuchten die gekonterten Muttern von oben mit Gewalt herunterzudrehen – blanker Horror! Und am Tag darauf wurden wir mal wieder fünf Minuten gar nicht wahrgenommen, worauf wir – gewitzt durch die Erfahrungen des Vortags das Vorhaben aufgaben. Man soll nicht verallgemeinern – aber es erfüllt uns mit Entsetzen, wenn wir nicht mal mehr einen Mechaniker finden, der uns zwei gekonterte 16er Schrauben korrekt lösen, einen Gummipuffer dazwischenmontieren und das ganze wieder anziehen kann! Auf die Gefahr – jetzt als arroganter Bänklerischer Besserwisser beschumpfen zu werden – es kann doch nicht sein, dass wir einem Mechaniker erklären müssen, was er zu tun hat – da haben wir ja den Beruf verpeilt! Also volle Fahrt voraus. Nichts wie weg – einfach mittendurch.

Aber auch das ist leider nicht möglich – denn die Unfähigkeit der ukrainischen Mechaniker wird nur noch übertroffen durch die Fähigkeit der ukrainischen Polizisten, einem mit der Spedpistole eingangs der Dörfer abzuschiessen. Denn sinnvollerweise führt die Hauptverkehrsachse und teilweise Autobahn durch jedes Dorf hindurch – und dort gilt dann innerorts – 60Kmh. Schön auch, dass teilweise zwischen dem einen Ortsausgang und dem nächsten Ortseingang gerade mal 150 Meter liegen – ein sicherer Wert für die dümmste Beschilderung / Strassenführung der Welt. Bezeichnend ist auch, dass trotzdem alle Ukrainer zu schnell fahren und so halt immer wieder Autos neben der Strasse stehen, wobei vermutlich kaum je Bussen sondern immer Schmiergeld bezahlt wird. Uns hat’s auch drei Mal erwischt, wobei beim letzten Mal die angeblich gemessene Geschwindigkeit garantiert falsch war – im Gegenzug haben wir aber ausser 5 Zigarren und einem Zigarrenschneider auch nichts bezahlen müssen. Lästig ist aber halt der Zeitverlust und so zieht sich die Reise träge und mühsam dahin. Damit keine Missverständnisse entstehen. Wir sind keine Raser! Wir wurden auf den bisherigen14’000 Km vor der Ukraine exakt zwei Mal von der Polizei angehalten und waren einmal zu schnell und einmal zu laut oder zu hilflos – damals auf der Hotelsuche in Buchara! Auch achten wir jede Staatsmacht – schliesslich sind wir Schweizer! Aber der Respekt wird natürlich getestet, wenn die Reaktion auf unser Vergehen jedes Mal eine unsinnig hohe Strafandrohung – immer in Euro, obwohl sonst in der Ukraine ohne Hrwynjas, Griwnas, Hrinas oder Hryvnyas (man beachte – die sind sich schon nicht mal bei der Geldbezeichnung einig) rein gar nichts kriegt! Und jedes Mal wurde dann im Polizeifahrzeug der erstgenannte Betrag (300 Euro) innert weniger als einer Minute auf ca. 1/10 reduziert, was offensichtlich nur mit einem äusserst stringenten Sanktionenkatalog zusammenhängen kann. Und bis auf das eine Mal, als wir 5 Zigarren springen lassen mussten, zum Schluss, nach ca. 10 Minuten jedes Mal die Strafe vom Tisch war – wer soll da noch wissen, was wirklich gilt? Wie soll man da Vertrauen in die Arbeit dieser Beamten haben, die ansonsten ja durchaus richtig die Einhaltung der Limiten überwachen?

So humpeln wir mühsam und langsam durch’s Land und entscheiden uns schlussendlich trotzdem, in Kiew zu übernachten, um bei der Schweizerischen Botschaft unseren Fall anmelden zu können.

Kiew wäre schön. Konnten wir aber nicht so recht geniessen – a) siehe oben und b) siehe unten

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– denn wir erleiden mal wieder eine Hotelsuche der mühsamsten Art – inkl. Anfahrt über eine Schlaglochpiste wie wir sie zuletzt in Kasachstan oder in Gambia gesehen haben – und das mitten in Kiew! Welches eigentlich eine sehr schöne Stadt wäre – nur – sorry – geniessen konnten wir die unter diesen Umständen nicht. Motor off.

Das dünne Ende – 25. Tag

Eigentlich dachten wir ja sei durch – aber da gibt es ja die Redewendung vom dicken Ende, dass dann erst noch kommt – und ja – es kam – nur es war nicht dick sondern dünn – Sparflamme gewissermassen. Aber wir wollen nicht vorgreifen!

Nach einer erholsamen Nacht in einem der besten Hotels auf unserer Reise genossen wir selbiges noch etwas länger, schliefen aus und stellten die letzten Blog-Einträge fertig. So brachen wir dann erst ca. 11:00 bei herrlichem Herbstsommerwetter zur Fahrt nach Lugansk in der Ukraine auf. Grundsätzlich gemütlich – die Landschaft geniessend – allfälligen Schwierigkeiten mit der russischen Strassenpolizei aus dem Weg gehend.

Russische Weiten – Felder bis an den Horizont – bei angenehmen Herbsttemperaturen – den Winter möchten wir nicht erleben!

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Und immer wieder wird die Landschaft aufgelockert mit Kulturdenkmälern von bemerkenswerter Formvollendetheit – Stahlbeton in Perfektion! 

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Unvermeidbar auf dieser Fahrt auch das Bestaunen der malerischen Marktstände mit regionalem Angebot – hier Trockenfisch und handgestrickte Wollsachen

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und hier ein typischer Tankstellenmarkt mit Süssigkeiten. Das russische Schmusekätzchen – war allerdings nicht zu kaufen

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Die Fahrt verlief denn auch bis ca. 50 Kilometer vor die Grenze entspannt und effizient – und ja – die letzten 50 Kilometer – da kommt dann eben das dicke/dünne Ende. Also diese letzten Kilometer zogen sich wieder mal extremst dahin, was auch damit zusammenhing, dass die für einmal die Beschilderung in dieser Grenzgegend exzellent war – allerdings nicht zur von uns angefahrenen GPS Grenze, sondern zu einem anderen ca. 30 Km entfernten Übergang. Und so liefen wir dann halt erst ca. 18:00 bei der Grenze ein – um dort erst mal eine Warteschlange von ca. 15 Autos abzuwarten – dauerte bloss eine Stunde. Danach dann das übliche Prozedere – Formular ausfüllen – ohh – ein Fehler – also repetieren – irgendwie scheinen sich diese Zöllner halt beschäftigen zu müssen. Wie immer klappte es dann aber im zweiten Anlauf ziemlich reibungslos und zur Abwechslung wurde diesmal auch das Auto nicht komplett leergeräumt und auseinandergenommen. Ausreise aus Russland.

Und damit Abschluss der wohl schwierigsten Grenzübertrittserie – resp. der schwierigsten Länder – dachten wir und waren wieder einmal völlig falsch – ja – genau das dünne Ende!

Schon die Anfahrt auf die Ukraine hätte uns stutzig machen müssen – so schlimm sahen die Grenzübergänge sonst nur in Schwarzafrika aus – verlotterte Bretterbuden – schummrig beleuchtet – Joni dagegen war der gambiakische Zoll eine Las Vegas pur!

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Und dann begann das dünne Ende, denn der Ukrainische Grenzer wollte etwas. Konnte aber nur auf Russisch artikulieren was. Irgendwann dann hauchte er “Präsent” – also gaben wir ihm eine Zigarre. War aber nicht genug. Langsam wurde auch ich etwas ungeduldig, v.a. weil von hinten diverse Wagen ankamen, mit den Immigration-Formularen bedient und weitergewunken wurden. Nur wir nicht. Und obwohl ich diesem Idioten mehrmals deutete, ich würde gerne die Immigrationformulare ausfüllen, verweigerte er mir dies und murmelte etwas von Transit. Ja – ihr bemerkt es – wir werden hier unüblich deutlich – denn sowenig wir Russisch können – so präzise ist unsere Zeichensprache – Finger auf Formular – dann zwei Finger nach oben – heisst zwei Mal – dann Finger auf mich – und nicken => bedeutete bisher weltweit, unmissverständlich “ich will zwei von dem da” – hat noch NIE versagt – ausser bei diesem ukrainischen Grenzer mit wohl (hier beginnen die Vermutungen) mit eigennützigen Partikulärinteressen.

Und so nahm das Desaster seinen Lauf – nach ca. 30 Min erfolglosen Versuchens, mir Russisch beizubringen durften wir durch an die nächsten Station – auch dort fragte ich nochmals nach der Immigration Card – nein sei nicht nötig, da wir ja im Transit seien – 3 Tage ok? Transit? Wenn’s denn hilft – gehetzt wie wir gestressten Bänkler sind, sind ja eigentlich alle Länder immer Transit und in der Ukraine wollten wir ja auch nur in einem Roadmotel irgendwo, in Kiew und in Lemberg stoppen. Und weil’s schon 22:00 war haben wir natürlich etwas gepennt und nicht gepeilt, dass uns die Grenzerbande mit den 3 Tagen Transit natürlich voll das dünne Ende zugejasst hatte – d.h. anstelle gemütlich Racing – keine Zeit irgendwas von diesem Land zu geniessen, sondern diese nicht gerade kleine Kornkammer Europas schlicht auf geradester Strecke an der dünnsten Stelle im Höchsttempo zu durchfahren – denn mit der Einreise um 22:00 war natürlich nach typischer Grenzerrechnung der erste Tag in 2 Stunden bereits vorbei. ******* Hier muss die Zensur eingreifen – denn hier verlieren wir unsere Schweizerische Neutralität. Wir haben auf unserer Reise nun einige Grenzen durchfahren, aber was diese ukrainischen Grenzbeamten abzogen sprengt schlicht und ergreifend alles – da würden selbst die senegalesischen Grenzmafiosi bleich vor Scham!

Und weil es schon spät war, gab’s natürlich auch eine eher mühsame Weiterfahrt – erst nach Lugansk – und wegen der an diesem Abend erst befürchteten aber noch nicht verifizierten – verkürzten Aufenthaltsdauer noch etwas weiter bis in ein Nest, zu welchem uns aktuell sogar der Namen fehlt. Da waren wir um 23:00 natürlich schon seit ca. zwei Stunden auf der Suche nach einem Hotel, welches sich aber nicht blicken lassen wollte. Und die Städtchen waren ebenfalls allesamt wenig versprechend – sollte uns dies nun auch noch eine Campingnacht eintragen? Nein – denn bei der Nachfrage nach einem Hotel in einem Restaurant fand sich spontan ein Problemlöser in Form eines ukrainischen Polizisten, welcher zu uns ins Auto sass und den Weg wies. Einen Weg den wir nie gefunden hätten. Nie im Leben, weil das Dorf eigentlich komplett im Wald versteckt war

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und wir so dessen Ausmasse gar nie erahnt hätten und ergo auch nie auf die Idee gekommen wären, dort könnte es ein Hotel geben. Und auch weil wir nie im Leben auf die Idee gekommen wären, den Banhof zu suchen,

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dort im Wartesaal die Treppe hochzusteigen

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und oben in den Mansardenzimmern nach einem Hotel zu suchen. War aber genau da – günstig – sauber und gut.

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Und auch das Parkieren regelte der nette Polizist. Und brauchte danach Geld für das Taxi nach Hause, obwohl er schon mehrmals signalisiert hatte, dass er nur 5 Minuten zu Fuss entfernt wohnen würde – schon klar, dass er sich etwas verdient hatte, aber gleich 40% des Hotelpreises für das Taxi zu verlangen übersteigt dann halt das erwartete Mass – allerdings nicht wirklich überraschend – Hinweise auf eine etwas spezielle Einstellung der hiesigen Staatsdiener finden sich im Internet zu Hauf. Und sind – jedenfalls im Falle des uns verweigerten, korrekten Grenzübertritts auch aus eigener Erfahrung nur gerechtfertigt. More to come. Motor off.

Der schönen Wolga entlang – 24. Tag

führte uns der Weg nach Volgograd. Durch herbstliche Landschaften, malerische Dörfer – auf Strassen welche teilweise sogar wieder das Blog-Schreiben erlaubten – herrlich.

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Und wir hatten Zeit – die Tagesetappe mit 350Km eigentlich ein Ruhetag und die Dänen waren etwas vor uns – alles in Butter.

Bis wir Hunger hatten. Und in so einem Kaff anhielten – an einem typischen Truck Stop halt. Reingestürmt – fantastisch – da stand das Essen an langen Tischen schon lecker auf dem Tisch. War aber nicht für uns, sondern für ein Bankett. Aber die Hausmutter sah uns an was wir wollten – ja mehr noch – sie konnte sich einfühlen! Denn dass wir Essen wollten war mittels Gebärdensprache innert 10 Sekunden bestätigt. Trinken auch kein Problem – aber was Essen? Die Karte nur kyrillisch bot wenig Anhaltspunkte. Also mal Borschtschhhh gemurmelt – geht klar – nur war sie der Meinung, dass man damit noch nicht gegessen hätte. Als wir kurz davor waren, die Auswahl per Finger Sturzflug Verfahren vorzunehmen – lächelte sie uns dann wissend an (Russen dürfen uns schon anlachen – kein Problem) und befahl uns uns hinzusetzen. Taten wir – neben einen fröhlichen Teenagergeburtstag oder so, dies uns unser Lachen zurückgezahlt und uns ein Essen lang bekichert haben – auch egal. Irgendwann kam dann der Borschtsch – sehr gut – sogar mit Fleischeinlage – hätten wir eigentlich schon gegessen gehabt – aber wie gesagt – die Hausdame war ja der Meinung, dass uns dies nicht ausreiche. Und nun die Spannung – was käme jetzt? Nun die rundliche Russin vom Land hat alles richtig gemacht – was würden wir einem hungrigen Russen in der Schweiz vorsetzen? SchniPoSa – Schnitzel, Pommes Frites und Salat. Und genau das haben wir – in russischer Ausprägung, d.h. Schnitzel mit Pilzen und Käse überbacken, gekriegt! Fantastisch und sehr lecker – spassiba!

Danach GPS-getrieben ab nach Wolgograd – einmal über die Wolga und zurück und dann – weil’s auf dem Weg lag erstmal hin zum Kriegsdenkmal. Da wollen wir jetzt nicht allzuviele Worte darüber verlieren – weil die Symbolik hinter solchen Denkmälern oft etwas schwierig ist und wir nicht so genau wissen, wofür denn das Denkmal so ganz genau steht. Aber schweizerisch neutral dürfen wir festhalten, dass es ein sehr schönes und stimmiges Denkmal ist, an einem wunderschönen Platz gelegen.

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Dies führt auch dazu, dass der Fototermin beim Kriegsdenkmal offenbar obligatorischer Pflichtteil jeder Hochzeit in dieser Stadt ist und so haben wir mindestens zehn verschiedene Bräute gesehen, die sich irgendwo im Park oder um das Denkmal herum drapiert und in Pose geworfen haben. Auch schön.

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Danach haben uns dann die Dänen angefunkt und wir haben uns im Cafe vor dem Denkmal verabredet – zwar für Touristen – aber durchaus in stimmiger Atmosphäre.

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Danach wurde es leider – vielleicht lag’s am Ort – etwas traurig – denn die Dänen beichteten uns ihr Heimweh, klagten über den langen Weg und dass sie halt schon die Hardcore-Rallyistas seien, welche ein Dösen im sich bewegenden Wagen einem stabilen Hotelbett vorziehen würden. Haben wir auch verstanden – ihr wisst ja – der Wind und Reisende muss man ziehen lassen. Allerdings war klar, dass wir vorher noch Daten austauschen und gebührend Abschied feiern wollten. Also Hotel gesucht – inklusive dem obligaten Suchkreis – und entgegen dem GPS, welches für einmal die Stadtmitte ca. 8Km ausserhalb beim Autobahnkreuz platzierte – und das beschilderte Lite-Hotel angelaufen. Pompöser äusserst schicker Eindruck von aussen – definitiv nicht unsere Preisklasse. Aber manchmal hat man Glück – denn das Hotel war äusserst bezahlbar – hatte sogar Wlan – und weil es bloss Doppelbetten hatte kriegten wir sogar gegen 20% Aufpreis zwei Einzelzimmer – ja das passt imagemässig schon eher für zwei Schweizer Banker!

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Mit den Dänen haben wir dann ein melancholisches Abschiedsbier getrunken und sind ins Stadtzentrum gelaufen, worauf es die beiden dann plötzlich sehr eilige hatten. Verständlich bei so vielen auf Ausgang getrimmten Russinnen, einer Fülle an Cafes, Restaurants und Discos hätten wir uns auch gefürchtet – die Aufbruchpläne sofort wieder fallen zu lassen. Also gab’s ein leckeres Sushi-Abendessen, eine herzliche Umarmung, alle verdrückten tapfer die Tränchen und wir schworen uns, dass wir uns bald – sehr bald wiedersehen würden!

Die Schweizer Fraktion hat dann noch die Discosezenerie am Wolgaufer erkundschaftet – Lokalbräuche kennen gelernt – z.B. darf man Bier nur sitzend konsumieren, d.h. ohne Sitzplatz gibt’s nichts zu trinken und sind dann gemütlich zurück ins moderne, einladende Hotel spaziert.

Und mit der Verabschiedung der Dänen geht natürlich eine weitere Etappe dieser Reise zu Ende. Wir erinnern uns – ursprünglich haben wir uns ja in Dortmund mal gegenseitig kennengelernt und festgestellt, dass Europa wohl jeder selbst erfahren muss und daher den Treffpunkt in Istanbul definiert. Und so sind wir ja auch jetzt vermutlich schon wieder im europäischen Teil von Russland und damit ist auch klar, dass die Richtungsvektoren der Heimreisen abweichen werden. Trotzdem haben wir die Dänen mit ihrer jugendlichen Unbekümmertheit und auch mit ihrer erfrischenden Offenheit bei der Bereisung dieser nicht immer einfachen Länder schätzen und lieben gelernt – wir werden sie und den Rockstar-Appeal ihrer Disco Duck vermissen!

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Motor on – kommt gut nach Hause!

The Road of Holes to Saratov – 23. Tag

Es kam wieder mal anders. Nach der zweispurigen – topfebenen Autobahn nach Aktobe kalkulierten wir mit europäischer Marschgeschwindigkeit um in Uralsk dann die Grenze nach Russland zu überqueren. Aber gleich Ausgangs Saratov holte uns die vergangen geglaubte kasachische Realität wieder ein

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– Schlaglochpiste übelster Ausprägung.

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Ausgestattet mit Spurrillen, bei welchen unsere Bodenfreiheit nicht ausreicht, um ohne Kratzgeräusche und potentielle Auspfuffschäden drüber zu kommen!

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Die Marschgeschwindigkeit sank auf unter 50kmh – die Grenze würden wir wohl erst in der Nacht erreichen und dabei lief ja den Dänen das Kasachstan-Visum heute ab. So quälten wir uns durch die Landschaft – mit schlechtem Gewissen gegenüber dem Auto – nach all dem Durchhaltewillen in der Sandwüste hat es derartige Schläge nun wirklich nicht verdient. Ging aber nicht anders. Aber immerhin gab es beim Tanken nach 120 Km einen Lichtblick – der Tankwart meinte nämlich, dass uns bloss noch 20Km dieser Road of Holes bevorstünden, danach wäre es dann wieder zivilisiert – und tatsächlich. Die Durchschnittsgeschwindigkeit nahm wieder zu – die Ankunftszeit an der Grenze verschob sich wieder in Richtung Tageslicht und die Fahrt an und für sich bietet dem Schreiber keinerlei speziell berichterstattungswürdige Vorfälle mehr. Kasachische Weite halt.

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Hinführund auf die russischen Weiten in den Ebenen vor dem Ural. Flache Steppe, keine Menschen, freie Tiere – jeglicher Spezies. Und wir im cruising-mode, d.h. wer anhält verliert resp. muss länger fahren. Vorbei an echten, ländlich ursprünglichen Zwiebelmärkten – kein Vergleich zur bernischen Touristenshow!

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Also einmal mehr Morgen- und Mittagessen im Wagen. Zur Abwechslung mal den Dänen eine Dose kalter Ravioli schmackhaft gemacht und gegen zwei (kleinere) Dosen kalter Hackfleischfpuffer an brauner Sauce eingetauscht. Reicht für das Grundbedürfnis Essen.

Gemütlich mitten Nachmittags war die Grenze dann erreicht und schon begannen die Schwierigkeiten – denn der kasachische Schlagbaumsoldat konnte sich in keinster Weise artikulieren, verteilte kleine Papierfetzen mit kyrillischen Buchstaben ohne jegliche Ausfüllhilfe – schwierig. Das bemerkte dann auch der 4*4 Fahrer hinter uns, der sich dann unsere Zettel schnappte, an der richtigen Stelle Automarke und –nummer einsetzte und den Schlagbaumsoldaten einen Idioten schimpfte – haben wir sogar ohne Kasachischkenntnisse verstanden. Dann durften wir rein ins Zollgelände – durch den Parcours hindurch, wobei auch gleich das russische Visum geprüft wurde. Kein Problem. Denkt man. Kommt aber wieder mal viertens ist anders als drittens! Denn die Dänen stellten doch tatsächlich in genau diesem Moment an der windigen, kalten Grenze zwischen Kasachstan und Russland fest, dass ihre Visa-Agentur mal wieder etwas Neues erfunden hatte – den Instant-Übertritt nämlich, d.h. sie mussten zwar am 24. aus Kasachstan raus sein, durften aber erst am 25.9. in Russland einreisen. Und leider gibt’s zwar Zeitverschiebung aber keine Datumsverschiebung. Das brachte den armen Dänen dann eine unvergessliche Nacht im äusserst exklusiven, aber leider sehr regnerisch kalten Niemandsland ein. Also halbe Nacht eigentlich – denn mit Russland kommt auch die Zivilisation zurück und der Zoll ist 24/7 geöffnet.

Überhaupt sollte man Russland und seine Grenzen nicht unterschätzen! Denn einerseits haben die viele Grenzen (Russland ist das mit Abstand grösste Land der Welt) andererseits nehmen sie es sehr genau – bei Visas z.B. auf die Minute – und so wurde Touristen auch schon mal die Ausreise verweigert, weil deren Zug die Grenze erst einige Minuten nach Mitternacht passierte und somit das Visum abgelaufen war. Gibt dann nicht nur eine Busse, sondern man muss auch in Russland warten, bis man ein neues und gültiges Ausreisevisum hat! Wollen wir nicht risikieren. Und auch sonst ist die Bereisung von Russland nicht ganz ohne – Wikitravel schreibt zu Durchfahrung im eigenen Wagen lapidar, dass dies nur etwas für “the brave and capable” sei! Na denn Motor on und so schlichen wir Gentlemenrallyistas diskret zum Russenzoll rüber. Dort – völlig irritierend – mussten wir nur eine einzige winzige Immigration Card ausfüllen! Aber – das ist halt so, weil die Russen die Prioritäten anders setzen. Denn danach folgte eine 15 minütige Überprüfung unserer Pässe, welche nicht nur gescannt, sondern auch einzelseitenweise mit den Fingern durchtastet und mit einer veritablen Uhrmacherlupe abgesucht wurden. Waren aber echt Schweizerisch – sorry. Aber noch nicht genug – weiter zur Befragung. Durch einen Russen, der sichtlich stolz darauf war, dass er in der Schule Englisch hatte und sich verständigen konnte – v.a. wollte er hören, dass die Zöllner in den sonstigen zentralasiatischen Ländern sicher schlechter Englisch gesprochen hätten als hier – ja stimmt – die haben eben auch nichts sprechen müssen, sondern sich auf formularschriftliche Kommunikation beschränkt… Und irgendwie klappte das mit der Befragung nicht – hat er mich doch nahezu zehnmal gefragt “where do you have money” – was ich zwar indiskret fand – aber insofern berechtigt, als er auch Schweizer zwecks Einhaltung der Antidiskriminierungsrichtlinien ausfragen darf, ob sie den Aufenthalt in Russland überhaupt zu bezahlen vermögen. Also habe ich ihm zehnmal geantwortet “in the car” – denn am Zoll ist man ja nicht allein und so genau muss es nicht jeder wissen. War aber nicht was er hören wollte. Hilflosigkeit. Also mit Lächeln versucht. War aber vermutlich ein Fehler – müsste man halt die Reiseführer vor Eintritt ins Land lesen – denn gemäss Wikitravel trauen die Russen einem lächelnden Westler überhaupt nicht – Lächeln bleibt Freunden und der Familie vorbehalten. Lächelt ein Westler meint er es entweder unehrlich oder – noch schlimmer – er lacht den Russen aus. War nun echt nicht meine Intention – er hat sich ja wirklich Mühe gegeben. Und dann sogar einen weiteren Grenzübertrittsaspiranten mit noch mehr Englischerfahrung um Übersetzerdienste gebeten und da lautete die Frage dann plötzlich, was ich denn arbeiten würde und womit ich mir das Geld für die Reise verdient hätte! Nun einfache Antwort – als idealtypische Schweizer sind wir ja tatsächlich auch Bänkler. Daraufhin hat er mich dann schlicht ausgelacht – konnte ich jedenfalls nicht anders interpretieren. Aber was solls. Seine Geldherkunftshypothese kam jedenfalls wohl von der Langeweile hier oben und dem abendlichen schlechte Filme schauen – und ok – unsere Bärte machen uns einerseits weiser – aber nicht zwingend gesitteter. Egal. Jedenfalls durften wir dann den ganzen Wagen ausräumen – das Drogenhündchen beschnüffelte äusserst gut erzogen alle möglichen und unmöglichen Stellen und wir öffneten und durchkämmten jede Tasche, wobei – ob Zufall oder psychologische Meisterleistung wissen wir nicht – die Tasche mit den Zigarren zuletzt dran war. Ahh Zigarren meinte er träumerisch. Darauf offerierte ich ihm eine – denn was soll man einem korrekten Russen eine Freude verwehren, die wir vorher seinen zentralasiatischen Kollegen auch gewährte haben? Mmmmhhhhh aus Nicaragua meinte er – ob er denn eine haben dürfte? Ja klar – sagte ich doch! Und daraufhin war dann die Kontrolle höflich korrekt sofort beendet (gab auch nichts mehr zu kontrollieren) und wir rollten durch – Saratov entgegen – resp. lokaltypisch Capatob.

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Das erreichten wir dann erst im Eindunkeln – ein Gewühl aus Strassen mit tückischen Löchern – z.B. wenn wieder mal ein Schachtdeckel fehlt und natürlich ohne jeden Plan und ohne bescchilderte Hotels. Und die Versuche Russen auf Englisch zu befragen zeitigten ein ähnliches Ergebnis wie damals bei der Suche nach einer Bank. Einzige Möglichkeit – Taxifahrer – denn die rennen nicht gleich davon, wenn sie angesprochen werden. Und der eine hat uns dann mit äusserster Geduld ein sehr schönes und sogar derart korrektes Kroki gemalt, dass wir das Hotel dann auch Anhieb gefunden haben. Eingecheckt und loss – Essen gehen – am liebsten um die Ecke – und wo waren wir? In Udo’s Kneipe – mussten dann halt Paulaner trinken statt Lokalstoff – und genossen einfach mal wieder ein feines und v.a. warmes Essen. Anschliessend haben wir dann noch nicht genug gehabt und sind mittels Taxi zu einer kleinen Stadtrundfahrt in den McDonalds aufgebrochen – eigentlich noch ein nettes Städtchen dieses Saratov! Und irgendwann dann mit Handzeichen wieder zurück ins Hotel – und endlich schlafen. Motor off.

Samtweicher Asphalt – 22. Tag

Ja – davon haben wir geträumt – aber irgendwie war uns die albtraumartige Piste näher und so sind wir wieder mal bei Sonnenaufgang aufgestanden. War aber lustig zum Anschauen, weil Sonnenaufgang auch gleichzeitig Monduntergang auf der anderen Seite bedeutete. So schön – das macht Laune! So ein Tag – so wunderschön wie heute! Gestern noch in der Baustellenumfahrungshölle, würde es heute bestens werden – deklarierte jedenfalls der eine Däne – denn an seinem Geburtstag würde nun alles gut werden. Na ja.

Nach traditionell Schweizerischem Frühstück ging’s müsli-gepowert los – wieder auf die üble Seite des Strassendamms – die Seite, auf welcher wir in der Nacht etliche Lichter sehen konnten, die sich plötzlich nicht mehr weiterbewegten, sondern umkehrten. Da mussten wir durch und dann würde wohl alles gut – denn es konnte ja nicht sein, dass diese kasachische Haupt-Nord-Südverbindung – also quasi der Steppengotthard einfach für normale PWs unpassierbar ist!

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Aber die dunkle Seite des Damms hatte es wirklich in sich. Die sandigen Passagen wurden immer länger und tiefer und ohne die Erfahrungen aus der Saharadurchquerung im VW Scirocco wären wir wohl verzweifelt. So aber gelang es uns, unser Langschiff auf Wüstenkamel zu pimpen und auch sandige Stellen einigermassen mit Stil durchzucruisen. Die Duck hatte es da schon schwieriger – v.a. als die Dänen für einmal die Führungsarbeit übernahmen und prompt jugendlich ungestüm einen vom Hauptkanal abweichenden Nebenkanal wählten – deren Kommentar – “we thought – yeahh let’s do some offroading” – endete dann aber in einer üblen Sandmulde in welche sich die Duck ermüdet hineinlegte.

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Sh…. Tja und des Abenteuers wegen waren wir ja auch noch jugendlich frohgemut ausgerüstet – hatten nicht mal eine Schaufel dabei und auch die Sandbleche waren zu Hause geblieben, da wir ja eigentlich auch keine offroad Wüstenabenteur geplant hatten. Aber erstens ist immer vor zweitens. Und so gruben wir die Duck halt von Hand aus und zogen sie letztlich dann mit der Hilfe eines entgegenkommenden Wüstenexplorers raus (natürlich war auch das Abschleppseil zu kurz, als dass wir unseren Saab in sinnvolle Position hätten bringen können). Danach ging’s weiter. Im gleichen Stil. Und nach zwei Stunden hatten wir immerhin weitere 20 Km durchkämpft – das würde hart werden – verdammt hart. Auch begannen wir zu registrieren, dass uns eigentlich keine PWs sondern nur Last- und Geländewagen entgegen kamen. Beunruhigend. Aber in der Wüste gibt es nur ein Entrinnen – hindurch. Und das taten wir – mit unserem, etwas hochbeinigeren Kamel vorwegtastend – die Duck hintendran. Wobei auch wir den Weg nicht immer optimal trafen – wie wir es durch diese Mulde  mit nahezu knietiefen Fahrrillen hindurch schafften ist uns ehrlich auch fast etwas rätselhaft. Das Bild zeigt übrigens nicht die Fahrrinne – sondern bloss die eine Reifenmulde aus etwas überzeichnender Perspektive…

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Die Duck wollte uns da folgen – aber wir konnten sie zum guten Glück noch rechtzeitig stoppen – allerdings trotzdem zu spät, sie war bereits in die erste Mulde hineingerollt. Aber zum guten Glück war auch gleich ein LKW in der Nähe, der stoppte und sie rauszog – worauf die Duck wieder nicht ganz rechtzeitig stoppte und den LKW im klassischen Joni-Style – emotional völlig losgelöst ob der Befreiung aus dem Sandloch einfach gleich rückwärts anrumste. Hat aber zum guten Glück nicht geschadet.

Und plötzlich waren wir durch – rollten auf jungfräulichem, spiegelglatten, samtweichen Asphalt Aktobe entgegen. Zuvor aber natürlich galt es Dankbarkeit zu zeigen – nach all den Entbehrungen hat solch schöner Asphalt einen Kuss verdient!

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Die höheren Geschwindikeiten mussten wir uns echt erst wieder antrainieren – herrlich – vielleicht würde dies ja doch ein guter Tag! Aber nach ca. 30 Km war die Freude leider schon vorbei und es ging wieder ab der Strasse – hinein in diese Höllenpisten. Und nachdem wir Level 1 bestanden hatten, kam eine neue Schwierigkeit hinzu – wir fuhren nämlich direkt hinter dem Wasserwagen, welcher diese Kanäle mit Wasser besprühte um die Staubemissionen für die Arbeiter etwas zu lindern. War an der Stelle dann aber etwas tricky – weil für einmal die Piste erdig – eben war. Zusammen mit dem Wasser verschlammten die Reifen sofort und die Fahrerei glich einer Schlittschuhfahrt. Lenkeinschläge von mehr als 5 Grad führten lediglich zum Rutschen über die Vorderräder und mehr als 40 Kmh lagen nicht drin – was ich nicht wahrhaben wollte, da es zwischendurch auch Schlammlöcher hatte und in einem solchen wollte ich keinesfalls stecken bleiben. Denn einen Saab aus dem Sand ausbudeln ok. Aber den Kollegen eine gratis-Fango-Kur zumuten – nein – das wäre die Freundschaft strapaziert und so kam es wie es kommen musste bei nicht angepasster Geschwindigkeit – ich schleuderte den Saab äusserst spektakulär auf die seitliche, ca. 1 m hohe Sandbegrenzung hinauf.

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Sah extrem aus – war es aber nicht – denn da der Wagen nur einfach ausgerollt war, half ein kräftiges Stossen und wir waren zurück auf der Eisfläche – weiterspielen – motor on.

Irgendwann war dann auch die Baustelle zu Ende – dank der Strasse dazwischen hatten wir in 3 Stunden immerhin ca. 60  Km zurückgelegt und rollten flott Aktobe entgegen. Bis zur nächsten Baustelle. Und noch einer. Aber die war dann wirklich die Letzte! Wussten wir zwar nicht – war aber gut so. Und so war der Rest der Fahrt dann halt wenig überlieferungswürdig – ein sanftes Gleiten durch die kasachische Wüste / Steppe – was immer auch die korrekte Bezeichnung wäre. Mit einer Ausnahme natürlich – denn unterwegs passierten wir mit unserem Saab tatsächlich die 10’000Km Marke! Das musste natürlich gefeiert und für die Nachwelt festgehalten werden!

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Dank der nun konstant guten, sich am Schluss sogar in eine Autobahn hineinsteigernde Strasse konnten wir richtig Zeit gut machen und waren dann um 17:15 bereits in Aktobe. Was nun? Welche russische Grenze sollen wir mit unserm Übertritt ehren? Gemäss Empfehlung des Reisebüros war die Region Samara zu meiden, weil selbst für russische Verhältnisse überbürokratisch und das will etwas bedeuten. Aber da war noch der verlockende Wegweiser nach Orsk – 130Km – und wir wären in Russland – vermutungsweise in der Zivilisation – zwar ein Umweg – aber dafür lockten Städte mit Hotels und Restaurants – und nachdem der Tankstellenwart signalisierte, dass die Grenze vermutlich erst um 19:00 schliessen würde, wurde umgeplant und die Grenze angelaufen. Was dann allerdings an der schlechteren Strasse und der sich dahinziehenden Kilometer scheiterte. Also zurück nach Aktobe und versuchen, dort mal wieder ein echtes Hotel zu finden – bisher haben wir in Kasachstan ja erst zwei etwas bedenkliche Etablissements angelaufen – bei welchen wir nachträglich wohl lieber campiert hätten. Aber nach vier Tagen ohne Dusche und dem bevorstehenden Grenzübertritt wäre es wohl nicht falsch, sich etwas chick zu machen. Klappte dann auch – unter lokaler Führung haben wir ein nettes Hotel gefunden – Fisherman hat seine Händlerader ausgepackt und den Preis auf ein angemessenes Niveau runtergedrückt und wir alle haben fast stundenlang die heisse Etagendusche genossen.

Anschliessend auf zur Befriedigung der Grundbedürfnisse – dh. Geld, Essen und Trinken. Also mit Taxi haben wir zwar sogar internationale Bankomaten gefunden, nur scheinen die in der Nacht nicht zu arbeiten. Aber dank dem äusserst patenten Taxifahrer, welcher aussah wie der Klon aus den Filmen “Taxi 1-3” von Jean Luc Besson, sind wir dann halt in die Vorstandt rausgefahren und haben 100 USD durch einen Schlitz einer Eisentür geschoben – daraufhin sind 14’600 Tenge zurückgewandert – passt. Also dem Taxifahrer das Vertrauen ausgesprochen – nun Essen – mittels Handzeichen signalisiert und “Pectopa” artikuliert. Das hielt er allerdings für zu nobel und teuer (Halsabschneidergeste) – Cafe wäre passender. OK als “Cafe” angelaufen und mit 100Db lauter kasachischer Schlagermusik nahezu wieder rausgepustet worden. Fisherman murmelte etwas von Bordell und tatsächlich, als wir eintreten ist der Saal leer bis auf ein gutes Dutzend Frauen auf der Tanzfläche. Sehen aber irgendwie normal aus. Und war wohl auch tatsächlich ein Frauenchörchen beim Saisonabschluss (gibt’s den bei Chören überhaupt?) oder so. Und wir haben mit Gebärdensprache locker ein  Bier bestellt – beim Essen hat’s dann aber gehapert, “Schaschlik” war zu unbestimmt – und so haben wir dann einfach je drei Schweinskotelets vom Grill mit Zwiebeln und einem Fladenbrot erhalten – war ganz ok.

Danach mit Taxi zurück – die Dänen wiederbelebt – denn wir mussten ja noch den Geburtstag feiern – dazu ab ins nächste Cafe/Disco/whatever und noch rechtzeitig vor Geburtstagsende zugeprostet. Motor off.

Die Hölle hinter Aralsk – 21. Tag

Nach dem Hyggeligt Abendessen war die Nacht etwas weniger gemütlich – wir haben schon viel erlebt aber dieses Hotel schafft es locker unter die Top Drei der Worst Hotels ever! Das Bett knarrte auch beim alleine drauf liegen wie wenn sich 10 Teenager darauf ein Kissenschlacht liefern oder so. Und natürlich waren die Bedenken, ob das mit der Auspufreparatur wohl klappen würde. Es musste.

Also bei Sonnenaufgang aufgestanden – war nicht so schwierig – da die Sonne sich hier erst um 07:30 zeigen wollte. Danach noch kurz die gestrandeten Schiffe und die verlandeten Hafenkräne angeschaut –

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liebe Zürcher Kulturschaffende – der Hafenkran an der Limmat schaut ja nett aus – ist aber kalter Kaffe und hat selbst hier in der Pampas schon längst stattgefunden – und die haben sogar noch einen drauf gesetzt: Also erst den Aralsee trocken gelegt,

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damit sie die Hafenkräne und die Schiffe an Land haben und dann wieder aufgefüllt – sozusagen – nämlich daneben ein olympisches Hallenbad hingestellt – ist auch praktischer so.

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Dann aber auf zum Mechaniker – schliesslich wollten – ja mussten wir wegen der Kurzzeitvisa der Dänen weiter und – you know – Kasachstan is big. So sind wir dann um 08:00 beim Mechaniker vorgefahren

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– natürlich noch geschlossen. Also haben wir die gemütliche Stimmung des Vorabends einfach weitergezogen und den Dänen auf unserem Campingtisch ein echt Schweizerisches Müslifrühstück bereitet – mit Kaffee und Kakao – herrlich!

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Und so war es auch egal, dass sich dann erst um 09:00 ein erstes Lebenszeichen in der Werkstatt meldete – der Arbeiter meinte allerdings nur, dass wir auf den Master warten müssten – und fuhr weg, Brot zu holen.

Ebenso fuhr auch ein gemischt Dänisch/Schweizerisches Detachement weg – aufgrund der Distanzen war Camping für heute Abend die realistischste Option und dazu fehlte noch das Bier und das Brot für’s Fondue.

Irgendwann um 10:00 durften wir dann mal rein fahren und der Stift begann das Auto des Chefs zu waschen. Und irgendwann nach 11:00 fuhr dann der Master ein und besah sich die Bescherung. Danach fuhr er dann wieder weg – klar – musste wohl erst seine innere Mitte finden und Material beschaffen. Ist hier überall so. Also das mit dem Material beschaffen – nicht mit der inneren Mitte – die haben sie irgendwo anders – halt auch kalt hier im Winter und heiss im Sommer. Aber das Material holen – klarer Fall von just in Time Produktion – auch dies – überall in diesen Ländern schon langjährig gelebte Realität. Keine Werkstätte hat mehr als ein paar rostige Schrauben und verbogene Stücke Blech an Lager – wozu auch? Alles was man an Lager hätte wäre sowieso immer das falsche Teil – also hat man nix und geht dann erst irgendwo beschaffen. Immerhin aber durften wir mit Erlaubnis des Masters den Wagen über die Grube fahren und konnten in Ruhe die abgefallenen Gummidämpfer wieder montieren. Konnte nicht schaden, bei den bisher erfahrenen Schotterpisten.

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Und irgendwann dann war der Master bereit – und zum guten Glück die Dänen bei uns – denn ohne skandinavische Einführung in die Irrungen schwedischer Auspuffskunst, wäre auch der virtuoseste, russisch ausgebildete Steppenschweisser verloren. So aber nahm die Reparatur ihren Lauf – ein Zwischenstück wurde zugeschnitten, der Auspuff wurde an Platz gebracht – schräg hinten raushängend, damit nicht gleich um den Benzintank herumgeschweisst werden musste und dann wurde Naht um Naht geschweisst, geprüft und der Auspuff schlussendlich wieder montiert – heureka! Der Sound blieb cool – denn die Manschette vorne beim Auspuffkrümmer ist schlicht derart verbogen, dass deren Abdichtung sowohl grob- als auch feinmechanische Fähigkeiten erfordert – kein Fall für die Notreparateure der Steppe. Kostete dann umgerechnet ca. 40 USD und wir hofften, dass dies nun für längere Zeit die letzte Mechanikerrechnung ist.

Weil wir erst um ca. 15:30 losfahren konnten, war natürlich auch die Strecke von 950 Km bis Atyrau, welche wir in zwei Tagen schaffen wollten, nicht mehr so gemütlich – auf 1.25 Tage verteilt ergeben sich doch erheblich agressivere Durchschnittsgeschwindigkeiten. Also motor on – bis zur Abzweigung, wo die rote Hauptverkehrsachse hoch nach Aktobe zieht, während die gelbe Nebenroute noch etwas weiterläuft. Bis hin zu einem Erdhaufen über die Strasse – hier in der Wildnis das eindeutige Zeichen “Strasse gesperrt”. Wobei aber trotzdem Spuren drüber führten und wir dieses Hindernis auch mit unseren tief hängenden Langschiffen schafften – also weiter – an immer tieferen Schlaglöchern vorbei – direkt auf eine Schotterpiste. Hhhmmm – die Marschgeschwindikeit sank. Und so beschlossen wir noch ca. 30 Minuten Erkundungsfahrt anzuhängen um zu schauen, ob die Strasse besser würde. Darauf reagierte unser Motor mit dem “Check Engine Lämpchen” kann alles oder nichts bedeuten – also motor on – Erkundung fortsetzen – aber es war sinnlos – die Piste wurde nicht besser und bei ca. 30Kmh Durchschnittsgeschwindigkeit war Atyrau ca. 32 Stunden Fahrzeit entfernt – etwas aggressiv für die verbleibenden 1.25 Tagen. Also kehrten wir um – was der Motor sofort mit dem erlöschen der Check Engine Leuchte quittierte. Ist wohl ein schwedisches Safety-Feature für schlechte Strassen – dachten wir – cool! Kann aber nicht sein – denn hätte der Motor gewusst was kommt, er wäre wohl mit Freuden nach Atyrau galoppiert. Und kurz darauf zog das Auto nach links – hat wohl an die Bundesratswahl gedacht oder so – war es aber nicht, sondern ein Plattfuss. Nun Räder an- und abschrauben haben wir inzwischen im Griff und das platte Rad haben wir dann traditionell rituell der Steppe geopfert und um gutes Vorwärtskommen gebeten. Hat aber nicht geklappt. 5 Km später hatte nämlich auch die Duck Fussprobleme – Plattfussprobleme! Haben wir schon erwähnt, dass sich unsere Autos schwesterlich nahestehen?

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Aber irgendwann waren wir zurück bei der Abzweigung und wählten – visagetrieben die sicherer erscheinende rote Route.  Aber zweitens war hier drittens und ganz anders…

Zuerst noch ging’s recht gut voran – ca. 130 Km, dann kam die erste Baustellenumfahrung – zuerst noch gewohnt schotterig, aber bald wurde das Terrain sandiger – d.h. es gab plötzlich mehrere parallel verlaufende Pistenkanäle – durchsetzt von sandigen Mulden und üblen Schlägen – das eine ein leicht erhöhte Durch-Surf-Geschwindigkeit erfordernd – das andere materialschonend zu äusserster Langsamkeit mahnend – ein klarer, unlösbarer Interessenkonflikt. Die ersten 130Km hatten wir in gut 1.5 Stunden noch relativ locker abgespult, danach schafften wir in den nächsten 1.5 Stunden ca. 25 Km Baustellenumfahrung. So würde natürlich auch der Weg an die russische Grenze sehr lange – konkret 1000 Km = ?? Fahrstunden und anspruchsvoll werden.

Und schlimmer noch – die Umfahrung nahm kein Ende, der Tag aber schon –

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und das mit dem Campieren ist eben auch nicht so einfach – weil ohne Geländefahrzeug ist das einfach mal so in die Pampas fahren und ein gemütliches Plätzchen suchen gar nicht so einfach – unsere Normalstrassenautos verfügen dazu schlicht über zuwenig Bodenfreiheit. Aber zum Glück haben wir dann einen Abzweiger Richtung Baustelle gefunden. Und mit etwas Anlauf und Fahrtechnik haben wir es auch über den Strassendamm auf die andere Seite geschafft – ein perfekt sichtgeschütztets, ausgeebnetes und mit Müllabfuhrservice ausgestattes Plätzchen,

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an welchem wir diesen etwas schwierigen Tag – d.h. ein Auspuff repariert und dafür zwei Platten eingefahren – trotzdem noch mit guter Moral beenden konnten. In der flachen Kasachenlandschaft liess sich auch herrlich verfolgen, wie der Mond und die Sonne – einer Kinderschaukel gleichend auf einer geraden runtersanken resp. aufstiegen. Auch das Fondue hat trotz verstimmter Mägen geschmeckt und mit Knacklichtern aus dänischen Armeebeständen haben wir Feuerwerk gespielt

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und die Vollmondnacht genossen. Einfach nicht an Morgen denken – Motor off.

Nicht alles Super – Aralsk – 20. Tag

Trotz der diskutablen Betten erwachen wir gut erholt und starten bei Sonnschein die heutige Etappe – auf nach Aralsk – und zwar im neu mit Rallystreifen dekorierten Saab (hat er redlich verdient) – alles super!

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Nun nicht ganz alles – denn wir hatten erst 50 USD bei einem Schwarzmarkthändler zu Tenge gemacht und dies würde natürlich weder für Sprit noch für das Hotel reichen. Andererseits galt es 740Km zurückzulegen – also Motor on – denn Kasachstan is big!

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Ursprünglich dachten wir hier an Wohlfühlsound  a la Tom Petty – “into the great white open”  – retrospektiv würden wir das Bild eher als “Highway to Hell” betiteln… aber wir wollen nicht vorgreifen. Motor on auf endlosen Geraden – nicht nur bis zum Horizont, sondern gleich durch den Horizont hindurch! Vorbei an Baustellen – auf welchen in der Spätsommerhitze geschuftet wird, damit wir sanft rollen können!

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Und vorbei an malerischen Landschaften und Dörfern, wobei es sich bei diesem Bild nicht um ein Dörfchen, sondern um einen typischen Kasachischen Friedhof handelt. 

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Ja – Gräber säumten sozusagen die Strasse – in jeder grösseren Ortschaft stehen solche Überreste einstiger sowjetischer Planwirtschaft still. Still vor sich hin rostend.

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Auch sonst sieht man in diesen ehemaligen Sowjetstaaten immer wieder Erinnerungen an die jüngst vergangene Geschichte – so z.B. in Form gepflegter Ortstafeln – vermuten wir jedenfalls.

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Motor on – weiter – nach Quiz Lorda auf der Suche nach einer Bank in welcher wir Geld wechseln konnten. Das war allerdings gar nicht einfach – denn irgendwie schienen wir im falschen Film zu sein – auf die Frage Bank – change Money wechselten Leute die Strassenseite, zogen ihre Kinder von uns weg, verschlossen die Fenster ihrer Autos – kurzum – es gelang uns nicht einmal, die Frage mit Gebärdensprache richtig zu platzieren. Mit Ausnahme eines Taxichaffeurs, der einfach Geld wollte und uns danach wohl auch ans Ende der Welt oder nach Baikonur gefahren hätte. Wollten wir aber selbst machen. Und wie wir da ziel- und planlos durch die uns unverständliche Kleinstadt irrten – traf uns wieder einmal der Segen der Technik – ein Wunderwerk des menschlichen Erfindergeists – ein Geniestreich Schweizerischen Bankhandwerks – wir fanden nämlich einen Bankomaten! Um präzis zu sein sogar gleich zwei – einen Einheimischen und einen Internationalen – und so freundeten wir uns mit dem Internationalen an und entlockten ihm die so dringend benötigten Tenge. Anschliessend volltanken und ab nach Baikonur!

Und so sehen wir schon bald riesige weisse Rauchwolken am Horizont – sollte da tatsächlich eine Rakete gestartet werden? Oder ein Treibstofhangar explodiert sein? Oder ein kasachischer Bauer ganz profan sein Stoppelfeld abgefackelt haben?

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Etwas später dann – das richtige Baikonur – alle Antennen auf Sendung resp. Empfang – nicht nur wir sind weit weg von zu Hause – auch die Kollegen in der Mir oben werden sich vermutlich über das abendliche Skypen freuen…

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Leider wich dann nach Baikonur die bis anhin so zahme kasachische Strasse einer immer wilder werdenden Piste. Aufgrund Bauarbeiten waren kilometerlange Schotterumfahrungen zu nehmen – ermüdend für Mensch und Maschine.

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Und so ermüdete dann auch der Auspuff der Dänen – ein Gummiaufhänger riss – keine grosse Sache – ist eine der wenigen Reparaturen welche man tatsächlich mit Draht und Gaffa-Tape gut hinkriegen kann. 

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Schade nur, dass sich unsere beiden Autos inzwischen recht nahestehen und dass sie einander jeden Blödsinn nachmachen – so ermüdete dann unser Auspuff ebenfalls. Dumm nur, dass an dieser Stelle mit Draht nicht so viel auszurichten ist – der Auspuff war nämlich zuvorderst – gleich beim Auspuffkrümmer ausgeschert und hing nun wie eine nutzlose Vuvuzuela (ok – eher ein Pleonasmus) herunter. So weit so schlecht – eher unter die Kategorie Unfälle und Verbrechen fällt aber die Konstruktion dieses Auspuffs – denn der windet sich in einem Stück um die Hinterachse herum und zwar so, dass das Teil wegen des meist angerosteten Schalldämpers nicht ohne Materialschaden abmontiert werden kann. War allerdings etwas schwierig – wir erinnern uns – die richtigen Werkzeuge machen den Job! Nur hatten wir leider weder Feile noch Säge noch sonstwas geeignetes zur sittlichen Zerlegung eines Auspuffrohrs. Also musste gezwungermassen die unsittliche Methode gewählt werden – Durchschlagung des Rohrs mit einem  Zimmermannhammer…

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Hat aber recht gut funktioniert und wir waren sehr froh um das Know how der Dänen – denn dass der Auspuff einfach nicht rauszukriegen ist, hätten wir wohl erst nach mehrtägigen Versuchen wirklich geglaubt.

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Danach wurden Oropax montiert – unglaublich der Sound eines 2-Liter-Motors ohne jegliche Abgasführung/Dämpfung – da hört man wirklich jedes Ventil einzeln klappern und die Kolben schreien. Ist allerdings eher ungünstig bei Polizeikontrollen – und eine solche war dann bei der Einfahrt in Aralsk nicht zu vermeiden – zum Glück ein netter und verständiger Polizist. Und nochmals hatten wir Glück – weil uns ein Einheimischer den Weg zum Hotel wies – ansonsten hätten wir mit unserer Rohrerei wohl halb Aralsk aus dem Bett geholt und wären vermutlich direkt aus der Stadt verbannt worden. 

Das Hotel war dann eine andere Geschichte – die Herberge tags zuvor war ja etwas Sub-Standard – aber immerhin preisgünstig. Das Hotel in Aralsk hingegen war receptioniert von drei geldgierigen Hausdrachen, welche für ein zwar nett ausschauendes

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aber unsäglich heruntergekommenes Zimmer ganze 30USD wollten – parken bei der Nachbarin extra – natürlich auch extra zu bezahlen. Alle Zimmertüren wiesen deutliche Einbruchsspuren auf, auf dem Flur vor dem Zimmer unterhielten sich zwei Kollegen, gestylt wie die Prototypen russischer Mafiosi in schlechten Filmen und die sanitäre Einrichtung war schlicht der absolute Horror – da war es uns eigentlich schon ganz egal, dass eh kaum Wasser floss.

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Wir machten dann das beste aus diesem Unglückstag und liessen uns von den Dänen mit Dosenkost verwöhnen – leckere Köttbullar oder so an Currysauce mit Reis – manchmal braucht es wenig zur Zufriedenheit – das war echt nicht mehr bloss Hyggeligt sondern Hyggeren! Und morgen würden wir dann halt mal wieder eine Autoreparatarstätte suchen, den Auspuff schweissen lassen und dann gemütlich Atyrau entgegenmotoren – irgendwo in der Wüste campieren – ein schweizerisches Fondue geniessen und das Leben würde gut sein – aber erstens kommt es… Motor off. 

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