Archive for September, 2010
Suche nach Grenzen – Türkistan – 19. Tag
Das Hotel bewies leider auch am nächsten Morgen dass Midrange hier unterirdisch tief angesiedelt ist – d.h. zuerst gab’s ein exzellentes Frühstücksbüffet und wir waren eigentlich happy. Aber dann wollten sie nur Uzbekische Sum akzeptieren, obwohl der Preis ja in Dollar angegeben war. Natürlich konnten sie auch keine Dollar wechseln und die Wechselbude im anderen Hotel war noch nicht offen und zum krönenden Abschluss konnte ich nicht einmal die letzte Postkarte aufgeben – sorry liebe Geschäftskollegen – die muss ich wohl persönlich heimbringen – könnte also noch etwas dauern.
Aber es sind ja Ferien und wir sind nicht im Stress – auch sind 50% der Dänen wegen der Vortagesfeier noch in der Boot-Phase und eher nicht fahrfähig. Also los – auf nach Quibray – oder so ähnlich. Denn grenzüberschreitendes Handeln in Zentralasien ist nicht nur wegen des Bürokratismus an der Grenze schwierig – nein die Staaten sind alle auch derart von sich selbst überzeugt, dass niemand auf die Idee kommt, dass es auch Leute gibt, die ein solches Land verlassen wollen und ergo sind grenzüberschreitend gültige Wegweiser inexistent. Aber das Hotel meinte, in Quibray würde es klappen. Tat es aber nicht – da war keine überschreitbare Grenze. Also dem Navi vertraut und auf den Hauptgrenzübergang zugefahren – Grenzüberschreitung möglich – aber Grenzüberfahrung nein.
Und tragen wollten wir unsere Saabs dann halt auch nicht – also zurück unter kundiger Führung. Dies ist denn wohl auch eine zentrale Erkenntnis einer solchen Zentralasienreise – man trifft derart viele unterschiedliche Kulturen, Staaten, Menschen, welche in höchst unterschiedlichem Mass auf fremde Reisende ausgerichtet sind. Sich da alleine durchzuorganisieren ist auch mit den modernsten Mitteln der Technik schlicht nicht möglich. Mit anderen Worten – im Vergleich zu den durchziehenden Karawannen haben sich wohl nur die Fortbewegungsmittel verändert – der Rest des Reisens ist immer noch Old School Style.
Wie z.B. hier, wo ein pensionierter Local, spontan zu uns ins Auto sass und den uns Weg zu einem auch für Fahrzeuge geöffneten Grenzübergang weisen wollte – und zwar gratis und franko (bezahlte hilfe gibt’s natürlich überall massenweise – wobei dies meist weniger mit Hilfe als mit modernem Raubrittertum zu tun hat). Allerdings konnte uns auch dieser Ortskundige nur teilweise helfen, weil auch der von ihm anvisierte Grenzübergang für Fahrzeuge geschlossen war. Aber er half immerhin, zu erfragen, wo wir denn nun eine Grenzüberfahrung vornehmen könnten – tja – 100 Km zurück Richtung Samarkand sollte es klappen – also los. Und tatsächlich – dieses Strassenschild bewies uns deutlich, dass hier Fernfahrer erwartet werden.
Und so rollten wir gemütlich der Grenze entgegen und genossen die zentralasiatische Landschaft und die kleinen Abenteuer, welche nur schon das Finden einer passierbaren Grenze bereiten können.
An der Grenze folgte dann der bestens bekannte Postenlauf – mal wieder disziplinengetrennt, d.h. Passagiere und Fahrer werden getrennt abserviert. Austritt aus Usbekistan war eigentlich ganz ok – jedenfalls als wir die Hemmungen ablegten und uns beim Schlangestehen an die Lokalmentalität anpassten. Das geht nämlich so: Da steht einer bei einem Schalter und man läuft westeuropäisch korrekt, auf hinreichenden Diskretionsabstand bedacht hinzu und stellt sich hintenan. Typischerweise kommen dann ca. 5-10 Zentralasiaten und quetschen sich in jede erdenkbare Lücke, welche zwischen dem höflich wartenden Westeuropäer und dem mutmasslichen Ziel der Warterei existiert. Und so eingekeilt kann man dann so lange warten, bis der allerletzte Ureinwohner des Bezirks abgefertigt ist. Geht aber auch anders: Fisherman hatte sich nämlich mit Ellbogen- und Körpereinsatz seinen Platz in der Warteschlange bewahrt und war bis an den Passschalter vorgestossen, als wir Fahrer ca. 10 Nasen hintendran ebenfalls aufliefen – also kurz unsere Pässe nach vorne durchgereicht – schliesslich sind wir ja eine Gruppe – und für einmal keine Freunde gefunden – muss auch nicht immer sein…
Auf der kasachischen Seite dann eine herzliche Begrüssung und der Wunsch, ein Souvenir zu bekommen – nun – wenn sich die Usbeken Zigarren nehmen, können wir sie den Kasachen ja auch freiwillig aushändigen. Danach dann der Parcours – wobei wir Fahrer erst gefragt wurden, ob wir russisch könnten – leider immer noch njet. Also sollten wir 10 Dollar bezahlen – haben wir erst gar nicht verstanden – wir könne leider beim besten Willen kein Russisch und schon gar nicht wenn’s ums Geld geht. Geldstrafe wegen fehlender Sprachkenntnisse? Nein für einen halboffiziellen Übersetzer – weil natürlich gab es Formulare auszufüllen – nun njet – spassiba – da haben wir schon Übung drin – also locker die Formulare mal so erraten und ausgefüllt – danach ab zur Kontrolle – und wie in der Schule – hier was falsch angekreuzt und dort in die falsche Spalte geschrieben – ungenügend – repetieren. Und zwar im Doppel – klaro – kein Problem – wir sind ja sowieso richtige Schreibratten geworden und beim zweiten Anlauf schafften wir die Aufnahmeprüfung für Kasachstan dann tatsächlich. Halt einfach etwa eine Stunde später als unsere Passagiere, was aber den netten Nebeneffekt hatte, dass es den Zöllnern, welche unsere Fahrzeuge bewachten peinlich war, dass es solange gedauert hatte und so hiess man uns ohne jegliche sonstige Kontrolle einsteigen und go go go – schnell weg – ok – wenn ihr meint.
Flugs die Passagiere eingeladen und Segel gesetzt – wieder Richtung Tashkent – aber auf der anderen Seite der Grenze!
Und solche Grenzen ziehen oft auch tiefgreifende kulturelle Differenzen nach sich, welche sich sogar – man glaubt’s kaum – auf die Tierwelt erstrecken: Die Kuh – ein herrliches, majestätisch gelassenes Tier, welches dem Menschen weltweit wohlschmeckende Speisen ermöglicht.
Die Kuh in Indien – heilig – haben wir zwar nicht erlebt – aber gelesen.
Die Kuh in Usbekistan: Angepflockt – 10 Meter Fressreichtweite – Kontakt zu Artgenossen – nicht vorgesehen!
Die Kuh in Kasachstan – irgendwo in den weiten Steppen dieses Landes herumzottelnd – dann und wann auch auf der Strasse unterwegs – Freiheit pur!
Leider hatte die Suche nach Grenzen zur Folge, dass die Tag/Nachtgrenze unaufhaltsam näher kam – und zwar noch unaufhaltsamer als unser Tagesziel Türkistan.
Also entweder Nachtfahrt auf dieser für längere Zeit letzten kasachischen “Fast-Autobahn” oder Hotelsuche in Shymkent – nun im Zweifelsfall sind wir ja auf einer Rally-Mission – d.h. Bewegung ist besser als Stillstand – motor on. War aber schon eine mühsame Fahrerei und so kamen wir etwas ermüdet in Türkistan an. Hotelsuche war zum guten Glück einfacher als erwartet – weil wir einfach direkt an eine etwas heruntergekommen Herberge ranfuhren und uns – infolge Müdigkeit und des günstigen Preises wegen einfach eincheckten. Nun für 12 USD kann man natürlich keine grossen Ansprüche haben – und ja – konnte man auch nicht – die Dänen konnten nicht einmal die Zimmertür abschliessen und die Bilder der Sanitäranlagen ersparen wir euch jetzt mal. Aber immerhin wir hatten ein Bett und wir kriegten sogar noch eine Hammelfleischbouillon zum Znacht.
Speziell berührt haben mich aber die Leute, die unsere Autos anstaunten, uns nach dem Weg und dem Ziel fragten – da kam doch tatsächlich ein Mann auf mich zu, fragte Turist? Und drückte mir, als ich bejahte 1000 Tenge – immerhin ca. 7 USD in die Hand – einfach weil er sich so freute, dass Touristen seine Stadt besuchten – unglaublich. Wir revanchierten uns dann mit einer Packung weitgereister Kit Kat Schokoladenstengel.
Nun – die Herberge war wirklich nicht so gemütlich und so haben wir den Abend dann mit einem Nachtspaziergang zur Grabmoschee beschlossen – eine richtig märchenhafte Stimmung mit einem prächtigen Nachthimmel, hellem Mondschein und einer Hundemeute die um uns herumstreunte – so sind damals die Karawannen durch die Seidenstrasse gezogen, damit wir Westeuropäer unsere Hausmannskost aufspicen konnten.
Und damit ging dann auch der zweite Teil unserer Reise – nämlich die Seidenstrassenexpedition, zu Ende. Ab jetzt liegen die Prioritäten wieder auf dem Motoren anstelle des Tourismus-Tourens und die Ziele liegen westwärts. Im Kernstück der Seidenstrassenrouten, d.h. im Iran, Turkmenistan und Uzbekistan haben wir drei äusserst unterschiedliche Staaten angetroffen. Die sich aus den verschiedenen Staatsformen ergebenden Differenzen hätten wir wohl nicht so krass erwartet – und diese unterschiedlichen Staatsformen scheinen doch auch sehr direkt das Verhalten der Menschen zu beeinflussen.
Eindrücklich sind natürlich auch die Bauten aus der alten Seidenstrassenzeit – doch ist deren Besichtigung etwas ganz anderes als die Besichtigung des Schloss Hallwyl oder des Grossmünsters – unsere westeuropäischen Baudenkmäler haben die Jahrhunderte wohl eindeutig besser überstanden als die zentralasiatischen Medresen und Moscheen. Da wir keine Historiker sind, können wir nur mutmassen, dass dies u.a. auf das weniger extreme Klima und die stabileren politischen Verhältnisse zurückzuführen ist. Allerdings wurden viele dieser alten Bauten mit einer glänzenden neuen Aussenhaut wieder in ihrem ursprünglichen Zustand versetzt – so quasi “factory refurbished”. Und auch wenn diese Kuppeln nicht mehr Original aus dem Jahre 1128 sind, so kann man doch an deren heutiger Schönheit ermessen, wie beeindruckend diese Manifeste in der damaligen Zeit gewesen sein mussten. Motor on – ein Besuch dieser herausgeputzten Märchenbauten lohnt sich auf jeden Fall!
Tashkent – 18. Tag
Nach all den Sichtsehereien in Samarkand freuten wir uns darauf, mal wieder ein paar Kilometer vorwärts zu kommen. Und dies war auf dem Samarkand – Tashkent Highway auch problemlos möglich. Aufgrund der Schlaglöcher und der omnipräsenten uzbekischen geschwindigkeitslaserpistolenbewaffneten Polizisten allerdings mit reduzierter Geschwindigkeit. Und trotzdem winkte mich so ein Freund und Helfer freudestrahlend raus und präsentierte mir das Resultat seiner Schiessübung – 107 Kmh – erlaubt wären 90Kmh. War zwar etwas unrealistisch – sein Messresultat, da wir echt nie mehr als 100 auf der Anzeige hatten – aber da wir weder Uzbekisch noch Russisch können, konnte ich ihm dies nicht erklären. Er uns aber auch nicht, was denn das bedeuten sollte. Dies war gut – v.a. weil ich aktuell gerade mal den internationalen Führerausweis vermisste – war aber ganz ok – da ich dem Chef dann per Handzeichen all die Einträge im alten Schweizerischen Fahrausweis erklären konnte, bis er die Nerven verlor – resp. ein Sprachkundiger noch schneller vorbeidonnerte. Pech gehabt.
Also weiter – an unzähligen schiesswütigen Ordnungshütern vorbei – schön korrekt – und immer überholen uns rasend schnelle Usbeken – wobei ich dann auch sehe – wie die bei Polizeikontrollen verfahren – motor on – ab durch die Mitte. Und tatsächlich – es funktioniert – als ich mit strikt 60Kmh im 60er durchcruise springt doch tatsächlich so ein grüner Guerilla im letzten Moment auf die Fahrbahn und gestikuliert mit der Laserpistole – aber da war bremsen eh nicht mehr möglich – also entschuldigend mit den Achseln gezuckt und weiter – schliesslich wollen wir ja noch bis Tashkent und können nicht überall Schwätzchen halten. Die Fahrt schön – vorbei an den schneebedeckten Gipfeln des Pamir Gebirge – welches ja mal ein Zwischenziel war – nun vielleicht ist es gar nicht so schlecht, unseren treuen Saab nicht auch noch da hochjagen zu müssen.
Und auf der Strasse immer wieder malerische Bilder von gut beladenen Locals – Warentransport auf zentralasiatische Art halt.
Vorbei an den Resultaten der endlosen Baumwollfelder – die haushohen Haufen hier sind der Rohstoff, den wir alle tagtäglich tragen – Uzbekistan ist immerhin der sechstgrösste Baumwollproduzent weltweit!
Unterwegs laufen wir dann auch noch diverse Tankstellen an – chancenlos – dh. weil wir unseren Qualitätslevel resp. Oktanlevel von mindestens 91 nicht preisgeben, gibt’s leider für unser treues Wüstenpferd nichts zu trinken. Dafür dann – als wir die Dänen wiedersehen eine luxuriöse Autowäsche inkl. Innenraumreinigung und Reifenschwärzung – spektakulär, wie unsere zwei Beauties so aufgbebrezelt daherrollen!
Vorher allerdings haben wir noch kurz das Hotel Orzu angelaufen –angeblich die beste Mid-Range Option – denn nach all den Parkierübungen in den zentralstens gelegenen Hotels der Dänen, wollten wir uns darauf in Tashkent nicht mehr einlassen. War ein Fehler. Denn wenn das Orzu Midrange ist, möchten wir nicht wissen, wie’s darunter aussieht – das wäre dann ein Fall für Amnesty International – siehe dieses Badezimmer – da hat’s mehrere Schimmelschichten übereinander – hätten wir natürlich bei der Besichtigung peilen sollen…
Und wir wollen hier auch nicht die uzbekischen Sanitäre schlecht machen – denn dass die durchaus was können, beweist dieses Beispiel aus dem Nachtclub Opera – spektakulär – und von diversen Teammitgliedern äusserst gern und häufig frequentiert – die Kebab-Schaschlik Diät fordert ihren Tribut.
Nachdem wir also die Dänen wiedergefunden hatten, ging’s per Taxi auf zum Stadtsightseeing – zuerst zum Basar – immer wieder ein Spektakel und dann zu Fuss in Richtung Moschee, die wir aber nicht erreichten, weil die offenbar in der Dämmerung die richtungsweisenden Minarette einfach im Boden versenken – dumm gelaufen. Wobei gar nicht so sehr, denn auf dem Weg dahin wurden wir gleich an zwei Hochzeiten eingeladen – schöne Ballsäle – festlich gekleidete Gäste und dann wollten uns diese Menschen wirklich – ehrlich gemeint zu diesem Fest einladen! Nun da waren wir dann zu sehr konservative Schweizer, als dass wir der Festgemeinde unsere schon viel durchlebten Kleider zumuten wollten – ganz abgesehen davon, dass auch die Verständigung auf eher tiefen Baudraten funktionierte – weil die Handshakes halt oft wiederholt werden mussten. Aber immerhin – diese “Gespräche” und Einladungen haben natürlich ein ganz anderes Licht auf Uzbekistan geworfen als bisher.
Wenn wir uns schon ablichteten – wollte die Festjugend natürlich nicht hinten anstehen und hatte eine Riesengaudi am Gruppenfoto machen und anschliessend auf dem LCD Display bestaunen!
Weil es danach schon eindunkelte ging’s per Taxis zum Amir Temur Denkmal und von da aus den Broadway runter – um mal ein Bierchen zu trinken und all die Leute auf dieser Flaniermeile zu bestaunen. Danach wollten wir dann nicht mehr allzu intensiv Restaurant suchen und orderten vis-a-vis eine Runde Mir-Burger – Baikonur ruft – wir kommen!
Zum Abschluss dieses erholsamen Abends ging’s dann noch in die Disco Opera – war aber nichts los, da Sonntagabend – was aber nicht alle begriffen und so wurde es für den einen Kollegen halt später und weniger erholsam. Motor off.
Stop and Go – 17. Tag
Tja kaum wieder auf der Strasse und schon wollten wir einen zweiten Ruhetag einziehen – Stop and Go halt. War aber auch etwas unserer Gesundheit geschuldet, da die meisten von uns die 10-tägige Kebab only Diät nicht so recht vertrugen und sich die Verdauung weigerte in den Modus eines reinen Carnivoren zu wechseln.
Die armen Dänen allerdings die mussten schon früh weiter, da deren Agency den Ruhetag halt in Tashkent angesetzt hatte und dann musste ja auch noch der gebrochene Stossdämpfer ersetzt werden.
Wir erholten uns etwas länger und begaben uns danach auf eine gemütlich Sightseeing-tour durch Samarkand. Dies bedeutet auch, dass es eingentlich nicht mehr viel zum Schreiben, dafür etwas mehr zu sehen gibt:
Quasi zum einlaufen das Go’ri Amir Mausoleum
mit einer herlich goldigen Decke
zum warmlaufen dann der Blick auf die Ulug’bek Medrese (und nein – Medrese hat nicht im entferntesten was mit einer weiblichen Kurtisane (ist das jetzt ein Erasmus?) zu tun sondern steht für eine islamisch geprägte Hochschule – wohl so ca. analog den Klosterschulen in Europa)
der gleich vis-a-vis die Sherdor Medrese steht
und von hinten grüsst die Tilla Kori Medrese (das bedeutet “die Goldene”) und wir können nachvollziehen, dass diese Medrese angeblich das schönste, feinste und prunkvollste Bauwerk ganz Zentralasiens sein soll. Zusammen formen die drei Medresen sodann den schönsten Platz Zentralasiens – auch das trifft wohl zu – Schönheit ist ja nicht so absolut wie Grösse – dort wissen wir – rult der Eman E Khomeini Platz in Esfahan.
und im Innern einer Medrese sieht es typischerweise so aus wie auf dem Pausenplatz nahmhafter europäischern Universitäten – jedenfalls bei denen mit südländischem Flair…
Wie in Buchara wird sodann überall kräftig renoviert – diese Bauwerke haben die Jahrhunderte (v.a. auch in diesem Klima mit extremen Temperaturschwankungen) keineswegs unbeschadet überstanden – sehen glitzernd aber halt viel eindrücklicher aus!
und dass vorher nachher schon voneinander abweicht sieht man auch hier (vorher war glaub’s 1994)
und nachher ist’s dann einfach atemberaubend schön!
Aber auch sonst gibt sich Samarkand Mühe, zu gefallen, so z.B. auf der äusserst gepflegten Flaniermeile
mit gut gelaunten Verkäuferinnen – aber wir konnten uns den Reizen dieser Schals nochmals knapp entziehen
und dann sind neben den westlichen Touristengruppen auch sehr viele, sorgfältig gekleidete Einheimische Touristen unterwegs
Und nach einem erholsamen Nachmittag – einem Nicht-Kebab-Nachtessen (Poulet & Pizza) beschlossen wir unseren zweiten und wohl für länger letzten Ruhetag – morgen geht’s weiter nach Tashkent – sorgfältig, langsam – ist doch unserem Auto einer dieser Gummidämpfer abgefallen und über die Auswirkungen von dessen Fehlen gibt es Horrorszenarien bis hin zu, dass der mit längerem Federweg ausgestattete Stossdämpfer den Befestigungspunkt an der Karosserie durchschlagen könnte – wäre tatsächlich ein übler Defekt – müssen wir vermeiden! Motor on – auf zur letzten Etappe vor dem Wendepunkt!
Bucchara – Samarkand – 16. Tag
Am Morgen stand noch etwas gemütliches Sightseeing auf dem Programm – anschliessend Souvenir Jagd auf dem lokalen Basar – leider erfolglos – denn wir können uns einfach immer noch nicht für einen Teppich begeistern – der Basar war aber sehr aufgeräumt und farbenfroh
Und immerhin gab es einige Müsterchen lokaler Lautsprecherkunst zu hören – allerdings mit uns unbekannter Testsoftware resp. Musik – so dass eine Einordnung der klanglichen Fähigkeiten nicht stattfinden konnte – es klang einfach meist grausam.
Anschliessend klappte dann mal wieder ein Skype nach Home – unglaublich gut für die Moral und halt schon eine technische Meisterleistung – über tausende von Kilometern getrennt mit seinen Lieben nicht nur verständlich quatschen, sondern sie auch noch sehen zu können ist einfach cool.
Danach aber los – aber halt – unsere Langschiffe verlangten mal wieder nach Treibstoff und der kann in Usbekistan problematisch zu finden sein – d.h. eigentlich ist es ganz einfach, man sucht sich einfach eine Tankstelle, vor welcher bereits eine Schlange wartet und steht an. Oder man chartert ein Taxi und hofft auf Insidertipps. Brachte uns immerhin – etwas frech – zuvorderst an die wartende Schlange. Allerdings war die Tanke noch geschlossen und würde es wohl auch noch einige Zeit bleiben – haben wir aber nicht unbegrenzt – die Zeit! Dauerte aber auch gar nicht lange, da wurden wir belehrt, dass wir sowieso nur 20 Liter pro Wagen tanken dürften – aber es gebe auch jemanden, der Sprit hätte – für nur 3 USD pro Liter würde er uns 100 Liter abtreten. Nun da hatten wir dann halt wieder Zeit. Also waren es nur noch 2 USD pro Liter. Dann begannen die Verhandlungen – und im Bewusstsein, dass wir an der Tanke wohl auch ca. 0.5 USD pro Liter bezahlen müssten – ganz gratis ist der Saft schon nicht – einigten wir uns auf USD 150 für 100 Liter. Nun also los – denn natürlich war der Sprit nicht an einer Tankstelle sondern irgendwo in Kanistern auf einem Hinterhof zu finden. Dachten wir. Ersteres richtig – zweiteres nur bedingt – wir cruisten also los – in eine Privatgarage, danach auf den Hinterhof. Dort lebten friedlich zwei Geissen und ein paar Hühner.
Und eine Stadtbäuerin mit Goldzähnen (ist wohl Statussymbol oder Konfirmationsgeschenk hier – haben alle) beäugte und belächelte uns neugierig – ah Turisti! Aus dem Keller wurde dann der kostbare Saft gehoben – in alten 5 Liter Pet-Limonadekübeln. Und in einem dubiosen 30 Liter Eimer aus einer Chemikalienfabrik. Und weil dann noch 30 Liter fehlten, wurde eine Autowerkstatt angelaufen. Auto über Grube gefahren –und in einen leeren Kanister und in zwei leere Motorölbehälter umgefüllt.
Danach retour und unsere Wagen hinter eine Baustelle gefahren – Tanken vor der Warteschlange könnte wohl zu einem Volksaufstand führen – verständlich. Also Sprit mittels unseres in Serbien erstandenen Filtertrichters eingefüllt – bezahlt und endlich los. Kurs Samarkand.
Dies ist eine der legendärsten Seidenstrassenstation – zusammen mit Buchara wohl eben einer der wichtigsten Knotenpunkte in Zentralasien. Bedeutet aber nicht, dass dies heute auch noch so wäre, resp. dass die Strasse dazwischen angemessen gepflegt würde. Zuerst zwar noch auf europäischem Niveau mussten die letzten 150 Km auf rumpelnder schlaglochübersäter Betonpiste erduldet werden. Machte v.a. das Essen – Brot mit Corned Beef – irgendwie müssen wir ja unsere Vorräte etwas dezimieren – etwas schwierig. Immerhin aber gab’s einen sehenswerten Sonnenuntergang – eigentlich war alles gut.
Stadteinfahrt in Samarkand infolge Dämmerung ebenfalls erschwert
– unmöglich auch nur ein einziges Strassenschild zu finden – geschweige denn zu lesen – aber manchmal hat man Glück und so fuhren wir nach einer Kehrtwende zu genau dem Denkmal, hinter welchem unser Hotel lag. Also wieder mal Manövrierkunst vom feinsten, um die Karre in den Hinterhof zu wuchten – ok. Nicht ok aber die Geräusche der Duck bei starken Lenkeinschlag – nein es war nicht das Lenklager oder so – viel brachialer – Stossdämpferbruch vorne links. Die Dänen nahmen es erstaunlich cool – aber diese Tour ist wirklich etwas vom Härtesten nicht nur für die Fahrer, sondern v.a. auch für die Autos. Und so steht morgen erst mal wieder Mechanikersuche auf dem Programm.
Und bei uns Sorgenfalten in der Stirn ob der bevorstehenden Kasachstan Routen – dort sollen die Strassen ja noch viel schlechter sein! Da im Hotel auch zwei Kasachinnen logieren haben wir uns noch etwas Insiderknowhow zu erfragen versucht – aber Kasachstan ist halt wirklich gross, so dass auch dies nicht die allerletzte Klärung brachte. Und während die Schweizer eigentlich ganz entspannt durch die Steppe cruisen könnten – sind die Dänen wegen des dummerweise viel zu kurzen Visums zu einem 4-Tages-Rush gezwungen – d.h. wir alle müssen jetzt gut planen und hoffen, dass uns die Wagen keinen Strich durch die Rechnung machen.
Immerhin hat auch unser Wägelchen seine Zipperlein – der Auspuff hat guten Sound, scherbelt aber über Bodenwellen, wohl weil im Schalldämpfer drin schon alles am zerbröselt ist. Sodann hat die Tankanzeige beschlossen, Schwarzmarktsprit nicht anzuzeigen und steht nun konsequent auf Null – wenn das nur kein schlechtes Omen ist. Und zuguterletzt haben wir an der Hinterachse auch noch einen Gummidämpfer verloren, der die Hinterachsaufhängung bei heftigen Schlägen vor dem Durchschlagen auf die Karrosserie bewahren soll – das ist schon eher beunruhigend, v.a weil auch der zweite Dämpfer schon äusserst morsch ist. Aber im Vergleich zu einem gebrochenen Stossdämpfer sind das natürlich Peanuts.
So geht wieder mal ein Tag, der äusserst relaxt begonnen hat, sehr beunruhigend zu Ende. Motor on – no retreat baby no surrender!
Wer rastet rostet – 15. Tag
Mag sein – andererseits – wer reist muss auch mal rasten – und nach 14 Tagen ununterbrochenen cruisens auf der Road war unser erster Ruhetag eine höchst willkommene Abwechslung! Endlich mal wieder ausschlafen – und dann in dieser Oase von einem Hotel relaxt etwas chillen, den Blog updaten und einfach mal nichts tun ausser Sightseeing – herrlich.
Nur ganz so entspannt war’s halt nicht – allzuviele korrosive Elemente wollten wir schon nicht zulassen und nach ca. 8000 Km Hinweg müssen wir schauen, dass uns unser Auto auch die mindestens 8000Km wieder zurück fährt. Also war erste Priorität die Mechanikersuche. Hierbei wurden wir vom Nachtportier des Hotels, einem Ökonomiestudenten hervorragend unterstützt – er überstimmte sogar den Hotelmanager und befahl: Wenn man einen guten Mechaniker braucht – geht man nicht zum Usbeken sondern zu einem Russen. Gesagt getan – hingerollt. Doch war es gar nicht so einfach – zwar stürmten sofort drei Russen aus deren Pausen-/Wohnraum hinter der Garage in die Werkstatt – als sie aber den Wagen sahen, wollten sie erst abwinken – vertrauenserweckend, wenn der Mechaniker weiss was er kann. Mit etwas Überredung gelang es aber, ihnen zu erklären, dass die Reparatur nicht markentypisch und relative einfach war – sahen sie auch so – also wurde Michael mit einem Russen in den Tuningshop nebenan gesandt, eine passende Bride zu kaufen. Dabei wurde ihm auch klar gemacht, dass er nur bezahlen, nicht aber den Mund aufmachen solle, sonst würde die Bride das doppelt kosten!
Danach wurde das Auto von mir noch kritisch beäugt und von den Russen fachmännisch bei den Aufhängungen überprüft – Daumen rauf – sollte halten – nicht allerdings die komischen Gummiklötze, welche nur schon vom dranhusten fast abfielen – nur massen wir denen keine besondere Bedeutung bei.
Am Nachmittag dann ebenfalls volles Programm – die Dänen und Michael besuchten das Waisenheim für welches die Dänen diverse Spielsachen und sonstige Goodies und wir einen Sack Kinderkleider die ganze Zeit mitgeschleppt hatten – war wohl eine wirklich fröhliche Sache – die ich bloggend verpasste.
Danach war dann aber endlich Sightseeing angesagt – Buchara hat eine immer noch intakte – mittelalterlich oder so erscheinende Altstadt mit diversen gut eingebetteten Sehenswürdigkeiten – lassen wir also die Bilder sprechen:
Der Ark – eine Art Burghügel und Nukleus der Stadt – von welchem aus man eine grossartige Rundumsicht hat
Die Kuppeln verschiedener Medresen und das grosse Minarett – das Wahrzeichen Bucharas
Und dieses Türmchen ist wirklich respekterheischend – denn immerhin ist es 45.6 Meter hoch – ok. Aber dies war zu der damaligen Zeit so eindrucksvoll, dass sogar Dschingis Khan den Turm von seinen üblichen Zerstörungsaktionen in besetzten Gebieten ausnahm und – man sollte auch berücksichtigen, dass sich dieser Turm in einem Gebiet mit nicht ganz seltenen Erdbeben immerhin seit nahezu 900 Jahren senkrecht in den Himmel reckt! Da ist Ehrfurcht vor der Baukunst der damaligen Bauingenieure wohl schon angebracht – die stellten den Turm nämlich auf ein 10 Meter tief in den Boden ragendes Holzfundament, welches dem Turm offenbar die notwendige Elastizität ermöglicht – zwar nicht mathematisch berechnet – aber offenbar aus Trial und Error nach zwei eingestürzten Vorgängerbauten herausgetüftelt – genial.
Schwierig ist es hingegen, als Laie die Bausubstanz zu beurteilen. Überall wird renoviert und die meisten Denkmäler glitzern derart unverschämt im Sonnenlicht, dass man davon ausgehen muss, dass wohl die meisten Verzierungen / Kacheln neueren Datums sind. Dies relativiert natürlich auch das Alter dieser Bauwerke – aber es hilft einem andererseits zu ermessen, wie gewaltig diese Monumentalbauten in ihrer damaligen Zeit waren – schlicht wie im Märchen aus 1001 Nacht!
Sighseeing gibt Hunger und so haben wir uns dann am zentralen Wasserbecken wieder mal dem obligaten Kebab (heisst hier alles – bedeutet primär gegrilltes. meist aufgespiesstes Fleisch) hin – nun nicht ganz alle – ich versuchte mich mal an einem Plov – dem Nationalgericht – einem Gemüse-/Dörrfrüchtereis – auch lecker. Und weil die Suche nach dem Bucharischen Nachtleben erfolglos blieb, beschlossen wir dieses Reisekapitel mit einem Bierchen im Hotelgarten – morgen würde es wieder heissen: Motor on!
Grenzerfahrung – 14. Tag
Heute stand uns eine echte Grenzerfahrung bevor! Raus aus Turkmenistan und hienein nach Uzbekistan – sozusagen dem Kernteil jeder Seidenstrassenreise.
Zuerst aber die Anreise nach Turkmenabat – hiess vorher Chardchou oder so – echt verwirrlich hier – alle Orte haben mindestens drei Namen. Tankstellen schnöde ausgelassen, wir hatten eigentlich noch genügend Sprit und Schlange stehen – nein – nicht heute – denn auch diese Grenze würde um 16:00 schliessen. Haben wir aber locker geschafft und schon begann wieder das Prozedere USD x für den Passagier und USD y für den Wagen – zuzüglich USD 2 Kommission. OK – war aber erst für das Überqueren einer Pontonbrücke – irgendwo auf der anderen Seite war dann der Grenzübergang. Der aber war selbstverständlich nicht beschrieben – wozu auch – aus Turkmenistan will/soll eh keiner raus (es sei denn er verletzt die Ausgangssperre nach 23:00). Dank GPS aber easy rangerollt und sich dem Prozedere ergeben – auf der turkmenischen Seite eigentlich recht ok – mal abgesehen davon, dass wir nach der letzten Kontrolle noch nie so oft nochmals kontrolliert wurden – dieser Grenzlandstreifen war echt durchsetzt von Kontrollen nach der Kontrolle – immer von denselben wasserflaschenbewaffneten Soldaten – immer aber auch sehr korrekt und höflich.
Einreise dann nach Uzbekistan – deutlich unstrukturierter. Highlight war die erste Station: Grenzarzt – dh. Befragung, ob man sich wohl fühle und anschliessend staatlich verordnete und durchgeführte Temperaturmessung – sehr strange! Danach dann Formulare im Doppel ausfüllen etc. und ab ging’s ein Haus weiter, mit Wagen – allerdings erst, nachdem unsere treuen Saabs ein Desinfektionsbad über sich ergehen lassen mussten (dem Nachbar scheint man vermutlich alles zuzutrauen). Also im nächsten Haus dort ging’s dann aber erst richtig ab – denn nun musste jeder sein Gepäck durch die Durchleuchtungsmaschine lassen. Haben wir dann so verstanden wie beim Fliegen – dort wird ja auch immer nur das Handgepäck durchleuchtet – der Rest blieb im Wagen – hat die lokale Stationsvorsteherin aber nicht gestört. Extrem versessen aber war sie auf Medizin – ob wir Pillen dabei hätten – nein sicher nicht, wir haben ja vom Turkmenbashi gelernt, dass Turkmenen nie krank sind weil sie keine Spitäler haben (oder war’s umgekehrt?). Egal – dann abschliessende Fahrzeugbesichtigung – wo natürlich das restliche Gepäck gefliessentlich übersehen wurde. Nicht übersehen wurden aber unsere Zigarrenkisten, wobei man deren Inhalt aber direkt annektierend als Gastgeschenk erkannte – die Dame liess es sich tatsächlich nicht nehmen, auch Grenzer, welche sich noch nicht selbst bedient hatten, zuzulangen und zündete den einen, der sich als Nichtraucher outete sogar noch an – unglaublich frech – aber was soll’s wir waren durch und rollten Buchara entgegen. Natürlich im den Strassen angemessenen Marschtempo, so dass wir erst kurz vor Dämmerung ankamen – ok.
Und wenn uns Mary turning gekeept hat, dann hat uns Buchara so richtig durchgerollt – nahezu in den Wahnsinn getrieben, denn die Agentur hatte den Dänen doch tatsächlich ein Hotel in der Innenstadt gebucht und die ist in Buchara noch in mittelalterlichem Zustand – da fährt keiner freiwillig rein. Als wir dann zum dritten Mal denselben Polizisten umkurvt hatten, waren dessen Nerven (oder Gehör wegen unseres röhrenden Auspuffs) am Ende und er befahl uns auf die Seite. Danach winkte er den nächsten Taxi ran und befahl ihm, uns zum Hotel zu führen. Klappte nicht schlecht – nur dass sich auch dieser Taxi aus der Innenstadt raushielt und uns einfach an die Stelle führte, von wo aus man nur noch 100m laufen musste. Danach wollte er dann auch noch USD 20 für seine von uns nie bestellten Dienste und stiess unflätige Wörter aus, als wir ihn auslachten und ihm übliche USD 2 offerierten – haben wir schon erwähnt, dass uns diese ersten Usbeken eher frech reinkamen? Egal – im Hotel waren sie supernett, orderten sofort ein Detachement Späher ab und führten uns zum Hotel – zum Glück haben wir bei Nacht nicht gesehen, durch welch enge Gassen, Schlaglöcher etc. wir durchfahren mussten – ich weiss nicht ob wir wirklich hingefahren wären.
Danach Motor off – und relaxen – endlich mal ein Stopp, wo wir zwei Nächte bleiben werden – da kommt schon fast Ferienstimmung auf.
Merv in orange – 14. Tag
Nein hier geht es nicht um Merfen Orange oder sonstige Desinfektionsmittel sondern darum, dass wir die Überreste der Seidenstrassenstadt Merv in schönster Morgenstimmung geniessen durften – die Bilder sprechen für sich:
Aahhhhh
Und hier die Überreste der äussersten Stadtmauer von Merv – wohl so wie sie unzählige Karavannen nach Tagen der Entbehrung noch wahrnehmen konnten.
wobei heute keine Karavannen mehr rumziehen sondern es sich die lokale Hundemeute gemütlich gemacht hat – ist wohl ein guter Futterplatz – es hat zwar nur wenig Touristen, aber wer mal in Turkmenistan ist, wird hier wohl oder übel vorbei kommen.
Danach ging es unter kundiger Führung weiter durch die Ruinen – Details erspare ich euch – beeindruckend und interessant ist aber, dass es insgesamt fünf Städte sind, welche hier – einige wenige Kilometer auseinanderliegend – entstanden und untergingen – so lässt sich die Bedeutung von Merv im Wandel der Zeit gut verfolgen.
Und so kann man auch von einer alten Burg auf ein neueres Mausoleum rüberblicken
Der Blick zu dieser Burg soll angeblich früher die lokalen Jünglinge verzückt haben – denn wer es schaffte, von hier (der Jünglingsburg) einen Apfel in die im Bild gezeigt Burg zu schleudern, der durfte sich dort die gefälligste Jungfrau aussuchen. Weil die Distanz für einen Handwurf aber schlicht unrealistisch lang war, wurden spezielle Schleudern entwickelt und irgendwann hat es dann geklappt.
Ganz nett ist auch, dass sie in Merv immer noch Kamele halten – zwar nicht mehr zum Warentransport sondern für die Woll- und Milchproduktion und natürlich zum Entzücken von uns Touristen – die Seidenstrasse mit Kamelen ist doch schon viel lebendiger!
Und hier das Mausoleum von innen – richtig – mit einem Loch im Dach – denn das Mausoleum war für die Lieblingsfrau eines Turkmenen, welcher allerdings drei Gebote einhalten musste, die er in der Folge nicht einhielt und nachdem sie ihm zwei Mal verziehen hatte, machte sie beim dritten Mal ernst und stieg in den Himmel auf. Damit er aber trotzdem in Kontakt mit ihr sein konnte, riet sie ihm, ein Mausoleum mit einem Dach im Loch zu bauen – so würde er sie sehen können.
Unsere Führerin gestaltet übrigens nicht nur die Führung sehr interessant und anschaulich, sondern war offenbar auch eine lokale Berühmtheit, so dass sich einige Mitglieder dieser turkmenischen Reisegruppe mit ihr ablichten lassen wollten.
Und hier sieht man nicht etwa ein Stück Mond, das auf die Erde gekracht ist, sondern den Trichter der allerersten Siedlung – wie schon erwähnt – hat es in Turkmenistan ausser Baumwollplantagen halt oft auch Wüste…
Picture Picture – schliesslich sind wir auch Touristen
Und dann ist noch zu erwähnen, dass die Dänen in einer Nachtaktion damit begonnen haben, unseren Saab zu pimpen – echt nett und v.a. handwerklich sehr kunstvoll ausgeführt!
Und so machte das Fahren natürlich gleich mehr Freude – auch wenn die Strassen noch nicht wirklich besser waren – motor on – immerhin mussten wir ja mal wieder eine Grenze überfahren.
Proud Mary keeps us turnin – 13. Tag
Nach all der Aufregung am Abend vorher und wohl auch wegen des letzten Vodkas verzögerte sich die Abfahrt leicht und so machten wir uns erst um 12:00 auf eine vermeintlich einfache, kurze (350 Km) Etappe nach Mary auf. Aber zweitens ist erstens und anders gedacht – also die Strasse wich bald einer Hardcore-Piste, welche unseren Fahrzeugen das äusserste abverlangte. Insbesondere die Stellen, bei welchen die turkmenischen Strassenbauer mangels einer Planierraupe den Asphalt einfach vom Verkehr planieren liessen, hatte es derart tiefe Spurrillen, dass wir sehr präzise auf den höher gelegenen Rillen fahren mussten, ansonsten wir unseren Auspuff in kürzester Zeit zerlegt hätten. Immerhin hielt unsere Notreparatur an der Manschette noch, schwitzte aber etwas Fett raus – soweit so gut.
Das einzige echte Aha-Erlebnis bei dieser Fahrt war die Erkenntnis, dass anscheinend mein Chef hier in Turkmenistan in Immobilien investiert ist – wieso auch nicht:
Und natürlich kann man bei einer solchen Rumpelpiste halt einfach nicht zufahren und so zogen sich die ca. 350Km endlos dahin – die Landschaft half einem auch nicht wirklich, die Fahrt als kurzweilig zu empfinden – haben wir schon erwähnt, dass Turkmenistan eigentlich nur aus Wüste und Baumwollplantagen besteht? Und so liefen wir erst gegen 18:00 endlich in Mary ein. Und ja Proud Mary kept us turnin – denn bei derart breiten Prachtstrassen sind halt leider die Strassenschilder – falls überhaupt kaum zu lesen und so mussten wir einige Suchkreise drehen, bis wir endlich unser Hotel gefunden hatten.
Nach dem Einchecken dann die nächste Schock-Nachricht – die Dänen hatten noch eine Tour durch die alte Seidenstrassenstadt Merv zugute und weil es jetzt am Abend zu spät war, würden wir die morgen nachholen – um den ebenfalls auf dem Programm stehenden Grenzübertritt nicht zu gefährden aber bereits um 05:30 mit Frühstück und 06:00 mit der Tour beginnen. Na dann Motor off – Schaschlik und Bier beim lokalen Grill um die Ecke genossen, eine Seidenstrassenglace als Dessert und ab in die Heia.
Wiedersehen machte zuviel Freude! – 12. Tag
Das mit dem Kuchen – nun unsere Dänen sind halt recht süss und konnten deshalb auf dem Russenbasar dieser leckeren Haselnusstorte einfach nicht wiederstehen (v.a. auch good Price – ca. 5 USD) – und da das gute Stück für eine richtige Turkmenische Grossfamilie berechnet war, mussten wir halt aushelfen.
Nach all den Zweifeln im Iran, tat es richtig gut – sich mal wieder in einem grösseren Team zu finden und die anstehenden Herausforderungen planen zu können. Priorität hatte dabei natürlich das Nachtleben in Ashgabat – angeblich sollen also in der Iceberg Bar links oben die Eisbären auf dem Tresen steppen und die Kamele drumherum Polka tanzen – nichts wie hin. Gesagt getan – allerdings war der Bär dort wirklich nicht los – wir bekamen mit knapper Not einige Schaschliks, welche wir dann wegen Stromabschaltung im Dunkeln verspeisen durften. Also weiter in den nächsten Schuppen, dort bekamen wir immerhin mal noch ein Bier. Und danach halt in den Florida Komplex wo sich die Expats zum überteuerten Bier treffen – aber da ja demnächst ein Geburtstag anstand, war reinfeiern eigentlich fast schon Pflicht. Gesagt getan, wobei uns die gesalzenen Preise von ganz alleine mässigten…
Danach auf zum Rückweg – leider kein Taxi zu sehen, also zu Fuss durch diese schöne Stadt gezottelt – ein grosser Fehler!
Denn Turkmenistan ist für Touristen halt nur tagsüber ein halbwegs freies Land, ab 23:00 gilt eine strikte Ausgangssperre welche uns der Polizist um die Ecke – wir erinnern uns – es hat ja wirklich an jeder Ecke einen Freund und Helfer sogleich vorhielt. Und was noch viel schlimmer war, war dass er Alkohol roch – also die wollten uns tatsächlich gleich deportieren. Wollten wir aber nicht. Also hat er Verstärkung geholt, was aber nur begrenzt hilfreich war, da auch die Verstärkung nur auf Turkmenisch auf uns einreden konnte. Irgendwann dann nach unzähligen Entschuldigungen und der Versicherung, dass wir ja wirklich nur zurück ins Hotel schlafen gehen wollten, haben sie dann eingesehen, dass wir uns schon selber deportieren würden und haben uns ziehen lassen. Und um all das Adrenalin abzubauen, haben wir dafür dann im sicheren Hotel noch einen Vodka getrunken – unglaublich dieses Land. Motor off.
Back to Live in Ashgabat – 12.Tag
Nach unserer Ravioli-Meditation erwachten wir frühmorgens völlig entspannt und bereit, diesen wohl schwierigsten Grenzübertritt hinter uns zu bringen. Der Check-out in Iran würde wohl kaum Probleme bereiten, aber vom Eintritt in Turkmenistan finden sich auf dem Web von den Kollegen der Mongolei-Rally einige Müsterchen eher albtraumhafter Erfahrung. Zudem scheint deren Roadbook davon auszugehen, dass mindestens 200 – in der Realität oft auch USD 300 verlangt werden – dies im Kontrast zu den in Wikitravel genannten USD 12 für das Abstempeln des Passes. Wir waren gespannt – ja sogar etwas angespannt.
Und fuhren los zu unseren Freunden Hassan und Ali, welche – nun in Uniform – wirklich wahrhaftige Zöllner hergaben und die uns sofort und wie versprochen unser Carnet de Passage abstempelten. Danach 2Km fahren und in die Zollstation eingelaufen. dort ist aber alles verriegelt. In der grossen Eingangshalle (leer) erscheint dann wieder mal ein Zivilist, der behauptet Zöllner zu sein. Nicht schon wieder. Also haben wir ihn höflich aber korrekt darauf hingewiesen, dass sich seine Funktion für Fremde nicht zwingend aus seiner Kleidung ergeben würde und wir deshalb sicherlich nicht seine Person aber allenfalls seine Kompetenz, uns den Grenzübertritt wirklich zu ermöglich hinterfragen könnten. Daraufhin begab er sich lachend vor ein Zollbüro, streckte die Arme siegesgewiss in die Luft und bedeutete – sein Büro – er Zöllner – ok – denn viel uniformierte Alternativen gab es nicht und so absolvierten wir hinter ihm den Parcours – so in etwa wie in jeder Schweizer Wehrmann vom Materialfassen und Materialabgeben kennt – Stempel hier – Formular dort – und immer schön alles in riesigen Büchern von Hand notiert – bei jeder fünften Stelle dann auch mal in den Computer eingetippt. Aber – hier lief alles wie am Schnürchen und absolut korrekt – keiner wollte Geld – alles sauber – vermutlich hat es sich wirklich ausbezahlt, dass wir zu Ali und Hassans Freunden wurden – die haben sicherlich mit ein paar Telefonaten den reibungslosen Ablauf vorbereitet – Moscharek (oder wie immer man dies in Iranisch korrekt schreiben würde).
Nach diversen Stationen zurück ins Auto und rüber zu den Turkmenen und wir trauten unseren Augen nicht! Augenblicklich erhielten wir einen bestens ausgerüsteten Soldaten (inkl. Wasserflasche) zugeteilt, der uns durch alle Stationen begleitete – resp. ab Station vier – d.h. nach dem Pass stempeln und auf der Bank USD 22 für zwei Pässe bezahlen (ganz korrekt USD 10 fürs Stempeln und USD 2 Kommission für die Zahlung – kennen wir ja aus eigener Berufserfahrung bestens) – nur noch mich, da Fahrzeuginhaber und Passagiere getrennt wurden. Also musste ich wohl auch die Verhandlungen alleine bestreiten – nur da gab es eigentlich keine – durch diverseste Stationen hindurch wollten sie genau noch einmal Geld und zwar genau ausgewiesen mit Quittung und Eintrag in interne Buchhaltung und zwar genau USD 111 für Versicherung und Beitrag an die Benzinsubventionen sowie – man errät es – USD 2 Kommission. Weshalb ist dies so bemerkenswert – nun ohne vorgreifen zu wollen – die Dänen haben denselben Zoll einen Tag früher passiert und zwar mit demselben Wagen und dabei sogar exakt denselben Betrag bezahlt! Beeindruckend. Und immer begleitet vom Wasserflaschenbewaffneten Soldaten, damit ja nichts schief laufen konnte – super. Und so waren wir nach nur 1.5 Stunden bereits über die Grenze und rollten im Morgenlicht auf Ashgabad – die weisse Stadt zu:
Wow! Das war echt beeindruckend – mitten in die Wüste einfach mal so ein kleines Manifest, was man mit Geld alles bauen kann, wenn man sich auch die Baubewilligung etc. solbst erteilt – resp. der Staat der baut die Fäden in der Hand hat!
Und schon bald fühlten wir uns ganz wie zu Hause und ja – bei all den Prunkbauten – das hätten wir zuhause so wohl auch nur an ausgesuchten Stellen vorzuweisen.
Allerdings Zuhause war das nächste Stichwort – dem Hotel Ashgabad sind wir sozusagen in die Quere gefahren – wollten dann aber etwas zentraleres, was nicht einfach war – denn die nächsten vier Hotels waren allesamt ausgebaucht! Ausgebucht – eine neue Erfahrung für uns und das in einem Staat der eigentlich kaum Visa ausstellt! Das fünfte Hotel hatte Platz, wobei eine Zimmerbesichtigung auch schnell ergab weshalb – also weiter – nein zurück zum Hotel Ashgabad – mit Hotelparkplatz – ein alter charmanter Russenkasten – und was sehen wir da noch viel charmanteres – nein – ja – das stimmt – vom Iran her kommend ist es unmöglich zu bemerken, dass typischerweise die Hälfte der Bevölkerung weiblich ist und im muslimischen Turkmenistan auch westlich weiblich bis zu russisch weiblich (d.h. definitiv 10cm hohe Stilettos) ausschaut – macht wirklich einen Unterschied im Stadtbild aus – v.a. auch weil sehr viele Turkmeninnen – ok klingt bescheuert – also Turkmenistanerinnen ein wohl landestypisches langes Schlauchkleid in fröhlich elegant bunten Farben trugen – aber zurück zum charmant auf dem Hotelparkplatz –da war nämlich die Disco Duck! Gefunden – also nicht ganz – denn die Dänen waren nicht auf ihrem Zimmer – aber immerhin. Also schnell hübsch gemacht und ab in die Stadt – die Sucherei hatte Hunger gegeben – d.h. am besten der Nase nach – fantastisch!
Der russiche Basar mit lokalem Grillchef, der sich uns nicht entgehen liess
– keine Chance visa-vis ein Süppchen zu kriegen und auch keine Chance auf eine Kinderportion – ein Mann zwei Spiesse – geht klar
– und dazu ein Piwo – geht auch klar – ja klarer noch und so sassen wir den halben Nachmittag da, relaxten und waren froh über die so einfache Befriedigung unserer Grundbedürfnisse.
Danach ab an den Basar – noch etwas Süsses zum Dessert erstanden und halt so rumgetouristelt
und frisch gestärkt weiter zu seriösem Sightseeing nach Downtown- wo vor allem eine Lücke auffällt – richtig – Turkmenbashi gibt es nicht mehr! Also nicht nur ist dieser Vater der Turkmenen vor ca. vier Jahren gestorben – nein sein Nachfolger – ebenfalls glaubs in einer relativen monomanen Staatsform verhaftet – wollte dem Volk nicht mehr länger zumuten, den vor ihm herrschenden Diktator anzuschauen – also wird nun dessen Denkmal demontiert – vorher stand nämlich zuoberst auf dieser Plattform der Turkmenbashi – motorgetrieben und blickte so stets der Sonne entgegen! Unglaublich. Allerdings von politischen Diskussionen wird strikte abgeraten und es wäre – nach Iran – auch gefühlsmässig eine zerrissene Ausgangslage – denn zumindest vom äusseren Schein machte weder das Land noch seine Leute einen unglücklichen Eindruck – und dies obwohl das Land im Internet in der Diktaturskala in etwa auf die Stufe von Nordkorea eingeslottet wird. Für uns spürbar war nur, dass es wirklich an jeder Ecke einen Polizisten hatte und dass man vor dem Präsidentenpalast das Trottoir räumen und auf die andere Seite wechseln musste.
Aber die Gebäude waren wirklich atemberaubend – ebenso der Wind, welcher die ganze Zeit durch diese Wüstenoase blies – so stark, dass sie sogar das Dach des nationalen Teppichmuseums mit dieser Plastik beschweren mussten, weil das erste einem fliegenden Teppich gleich davongesegelt war.
Orientalische Bauten, wie man sie sich halt so vorstellt!
Ebenso scheint das Land auch technologisch auf der Höhe der Zeit zu sein – jedenfalls dann, wenn es darum geht, dem Volk politische Inhalte näher zu bringen – und sei es mittels respekterheischender fassadenfüllender Bildschirme!
Und auch in der Abenddämmerung vor dem Sonnenuntergang schaut sich dieses Städtchen nett an.
Da war eigentlich nur noch eins – die Dänen waren noch nicht aufgetaucht – weg sein konnten sie aber nicht, denn die Duck sass immer noch unten auf dem Parkplatz.
Und siehe da – als wir dann vom Warten die Geduld verloren und nochmals in die Stadt zum Znacht aufbrechen wollten, liefen wir ihnen geradewegs in die Arme – das war ein freudiges Wiedersehen, welches mit Wodka und Kuchen gefeiert werden musste. Motor für heute also definitiv off.
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